Zusammen mit Kymco und der Akquisitionsgesellschaft ABIC geht LiveWire an die Börse. Damit ist die gewünschte Abspaltung von Harley-Davidson vollständig.
Zusammen mit Kymco und der Akquisitionsgesellschaft ABIC geht LiveWire an die Börse. Damit ist die gewünschte Abspaltung von Harley-Davidson vollständig.
Im Grunde hatte Harley-Chef Jochen Zeitz den Schritt bereits als Teil der Hardwire-Strategie angekündigt: Die Elektromobilität aus Milwaukee soll Technologieführer werden. Nächster Schritt: Fachleute in Sachen Elektro einstellen, die unter anderem bei Ford Großes geleistet haben. Im Sommer 2021 der Start der Marke LiveWire als eigenständigen Firma. Bisher stand LiveWire für das einzige Elektromodell der Company, das wir in der Bildergalerie zeigen.
Gut 545 Millionen Dollar soll der Börsengang von LiveWire einbringen. Beteiligt an diesem Schritt sind neben der LiveWire-Mutter Harley-Davidson der koreanische Hersteller Kymco und die Akquisitionsgesellschaft ABIC. Vor allem ABIC ist in diesem Konstrukt wichtig, da es den Börsengang von LiveWire administrativ übernimmt. Im Gegenzug erhält ABIC selbst 17,3 Prozent der Anteile, die Gründer von ABIC 4,3 Prozent. Auch Kymco wird 4,3 Prozent übernehmen. 74 Prozent der Anteile bleiben in der Hand von Harley. ABIS selbst wird gut 400 Millionen Dollar in den Börsengang investieren, Kymco und Harley je 100 Millionen Dollar. Im ersten Halbjahr 2022 soll es soweit sein und LiveWire laut Analysten gut 1,77 Milliarden Euro Wert sein.
Harley-Davidson geht derzeit von einem Markt für Elektromotorrädern im Wert zwischen 20,4 und 28 Milliarden Dollar für bis in 10 Jahren aus. Derzeit sind die Märkte mit zwischen 1 Prozent in den USA und 26 Prozent in China elektrisch unterwegs. Bis 2026 sollen die Zahlen auf 10 Prozent und 45 Prozent steigen. Übrigens: 2021 haben Harley und LiveWire 387 LiveWire One verkauft. Bis 2025 möchte Harley schon über 53.000 E-Einheiten losschlagen, 2026 sollen es über 100.000 sein und 2030 knapp 200.000. Natürlich nicht alles LiveWire One-Modelle, sondern Zweiräder aller Klassen. Ein Vorgeschmack dazu hat es in Form des neuen Antriebs Arrow gegeben.
Auf der International Motorcycle Show am 8. Juli 2021 in Irvine, Kalifornien, wurde das erste Motorrad unter der Marke LiveWire präsentiert. Ein neues Elektromotorrad ist es nicht geworden. Die LiveWire One getaufte Maschine ist im Grunde die bekannte Harley-Davidson LiveWire mit kleineren Software-Updates. Als LiveWire One muss die allerdings auf ein Harley-Label verzichten – sowohl im Namen wie auch am Motorrad. Neu ist die Farbgebung. Die LiveWire One ist nur in Weiß oder in Schwarz zu haben. Ebenfalls neu ist der Preis: Die LiveWire One ist mit 21.999 Dollar rund 7.000 Dollar günstiger als die bisherige Version mit Harley-Label. In den USA ist die LiveWire One ab sofort bei ausgewählten LiveWire-Händlern und Online verfügbar. Auf internationale Märkte soll das günstigere Elektromotorrad erst 2022 kommen.
LiveWire soll als eigenständige Marke außerhalb von Harley-Davidson funktionieren und sich eine eigene Identität aufbauen. Der Fokus soll zunächst auf urbaner Mobilität liegen, womit die aktuelle LiveWire wohl erstmal Speerspitze in Sachen Leistung bleibt. Elektrische Mobilität in ersten Schritten für den innerstädtischen Verkehr zu konzipieren, ist eine Strategie, die einige Hersteller auf dem Weg vom Verbrenner zum E-Motor nehmen. Die Pierer Group als Mutter von KTM und Husqvarna als vergleichsweise kleiner Hersteller (270.000 Motorräder in 2020) ebenso wie Produktionsriese Honda (17 Millionen Stück in 2020).
Harley-Davidson agiert heute noch vom gleichen Ort wie bei der Gründung: Milwaukee in Wisconsin. Die Firmenzentrale ist seit 1913 am gleichen Ort. In der Juneau Avenue. Nur einen Block vom alten Haus der Davidsons entfernt, in deren Garten 1903 die erste Hütte stand, in der Motorräder hergestellt wurden. An diesem Ort soll LiveWire bewusst nicht stattfinden. Die neue Marke soll dezentral und virtuell über zwei Hubs im Silicon Valley und in Milwaukee geführt werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt LiveWire für die Markterschließung: das bestehende Händlernetzwerk soll genutzt werden, um die neue Marke in eigener Anmutung darzustellen, aber eben nicht unter der Harley-Flagge. Ergänzt durch eigene Showrooms an ausgewählten Orten, unabhängig der bestehenden Ladenlokale von Harley-Davidson.
Harley-CEO Jochen Zeitz bringt die alte Dame Harley ordentlich auf Trab: Krasse Schnitte, sinnvolle Anpassungen, namhafte Personalien, neue Produkte, die Gründung einer neuen Marke in der Marke und deren Börsengang – das sind in zwei Jahren gefühlt mehr Änderungen als Harley in den letzten 120 Jahren in Summe hatte. Möge es der Company so gehen wie damals Puma, als Zeitz hier die Vorzeichen von Vereinssponsor Kreisklasse auf Weltmarke stellte.