Die Eingangsmessungen sind absolviert und der Motor verplombt. Ihren Einstand im MOTORRAD-Dauertest-Fuhrpark feierte die Honda XL 750 Transalp im Juli 2023. Hier lest ihr die Eindrücke, die die MOTORRAD-Redaktion regelmäßig sammelt. Ein ausführliches Fazit, inklusive Reifen- und Zubehör-Empfehlung ziehen wir nach rund 25.000 Kilometer. Nach 50.000 Kilometer nehmen wir alles auseinander und präsentieren euch eine umfangreiche und gründliche Abschlussbilanz.
Kilometerstand: 40.600 4/2025
Eindrücke vom Chefredakteur unseres Schwestermagazins CARAVANING Ingo Wagner: Die Honda Transalp empfängt ihren Fahrer zuvorkommend: Sitzhöhe und -position passen auch für große Fahrer wie mich (1,92 Meter). Nur den Endurohelm muss ich für die Tour zuhause lassen, da die hohe Scheibe sich nicht mit dessen Schild verträgt und mir durch fiese Wirbelvibrationen schon ab 80 km/h den Blick trübt. Die Hebeleien für Hände und Füße sind da, wo man sie sich wünscht und zudem leichtgängig. Auffällig ist, dass die Gabel beim Aufsitzen und beim Heranbremsen an Ampeln ein relativ hohes Losbrechmoment zeigt, also plötzlich ruckartig in die Federn geht.
Immerhin: Beim Fahren ist von dieser Störrigkeit nichts zu spüren. Auf etlichen hundert Kilometern über bayerische, tschechische und sächsische Vizinalstraßen tut das Fahrwerk das, was man von einer Reiseenduro erwartet: feine und vor allem auch gröbere Verwerfungen prima wegfedern und -dämpfen. Auch Schräglagenreserven und Grip (montiert sind aktuell Metzeler Karoo Street) sind in ausreichendem Maße vorhanden. Was prinzipiell auch für die Leistung gilt. Wenngleich man an Steigungen durchaus mal zwei Gänge im exakten Getriebe runterblippen muss, um überhaupt auf Landstraßentempo zu bleiben. Gegen Drehzahlen hat der 750er-Twin, aber nichts – im Gegenteil. Ab 4.000 ist und bleibt er munter. Drunter funktioniert es nur in der Stadt. Auffällig ist ein klitzekleiner Vollgas-Verschlucker knapp über der 4.000er-Marke. Der Verbrauch mit zwei Seitenkoffern lag bei akzeptablen 4,5 Litern/100 km. Noch ein Satz zu den Reifen: Der Karoo Street ist beim Geradeausfahren unangenehm laut. Ein Grund mehr, auf kurvige Straßen auszuweichen. Mein Fazit: Ein prima Reisemotorrad, das seine Faszination daraus zieht, einfach das zu tun, was man von ihm erwartet.
Kilometerstand: 24.992 8/2024
Eindrücke von MOTORRAD-Testredakteur Jens Möller-Töllner: Zwei Tage Zeit. Was machen? Die Dauertest-Honda Transalp schnappen, die feinen SW-Motech-Koffer montieren und mit der besten aller Sozia über Landstraßen nach Frankfurt am Main bummeln. Ein gelungener Trip, weil die Honda mit voll vorgespanntem Wilbers-Federbein die Zusatzkilos manierlich wegsteckt und auch sonst mit hoher Funktionalität brilliert. Nie drängt sich die Honda XL 750 Transalp in den Vordergrund, stampft mit ihrem Reihenzweier manierlich jede Steigung hoch, ohne großartige sportliche Talente an den Tag zu legen. Hervorzuheben sind: die Länge der Sitzbank, die selbst zwei groß gewachsenen Personen genug Platz bietet. Nur hinten könnte sie etwas breiter ausgeformt sein, für mehr Sozius-Sitzkomfort. Unterm Strich: Ein Klasse-Sorglos-Reisemotorrad, das sich mit abgefahrenen Reifen und einer Kette kurz vorm Verschleißmaß schon auf die Inspektion direkt im Anschluss an diesen Kurztrip freut.
Kilometerstand: 19.904, 6/2024
Eindrücke von MOTORRAD-Testredakteur René Correra:
- Sehr unkompliziertes, unaufgeregtes und funktionales Motorrad mit deutlicher Auslegung Richtung Komfort/Reise. Ergonomie ok bei 1,80 Meter Körpergröße, aber sehr niedrige und inaktive Sitzposition mit entsprechend spitzem Kniewinkel.
- Kupplung, Schaltung/Quickshifter tadellos und ohne großen Kraftaufwand.
- Windschutz dank neuem, höheren Windschild exzellent, man kann theoretisch auch bei Landstraßentempo mit geöffnetem Visier fahren, wenig Verwirbelung im Kopfbereich. Usability/Cockpitbedienung Honda-typisch wenig unintuitiv.
- Bremse hat wenig Initialbiss, aber bei entsprechend hoher Handkraft ausreichend kräftig. Handbremshebel durch Nachrüst-Handschützer leider nur schwer einstellbar mangels Platz.
- Motor ist für das Konzept m. E. zu sportlich ausgelegt, will und braucht Drehzahl, unten und in der Mitte eher saftlos. Dafür kerniger Twin-Sound, mechanisch unauffällig und nahezu vibrationslos, mit angenehmer Gasannahme.
- Fahrverhalten sehr stabil, aber wenig agil. Die Michelin Anakee Adventure scheinen keine perfekte Wahl: Reagieren empfindlich auf Temperatur und Beladung, "kippen" relativ unvermittelt in Schräglage, kaum Anlehngefühl. Dafür aber auch kaum Bremsaufstellmoment.
- Fahrwerk sehr komfortabel. Die Koffer sind praktikabel im Handling, schlucken meinen Integralhelm (Größe L) aber nicht.
- Was eindeutig fehlt fürs Konzept: Tempomat, Außentemperaturanzeige, Restreichweiten-Anzeige.
Kilometerstand: 16.500, 5/2024
Eindrücke vom MOTORRAD-Reiseredakteur Thorsten Dentges:
- Sitzergonomie für meine 1,87 Meter mit Affenarmen klasse, Rasten könnten etwas tiefer liegen. Sitzbank ordentlich.
- Hohe Tourenscheibe ist nicht schön, aber effizient. Nimmt Fahrtwind und Geräusche fast komplett weg. Ich konnte sogar bei Autobahn-Tempo noch mein Hörbuch im Bluetooth-Helm gut hören, was normalerweise bei Tempo 100 schon schwierig wird. Hohe Scheibe stört bei sportlicher Landstraßenfahrt aber mein Sichtfeld.
- Motorcharakteristik passt m. E. nicht zum Tourenmotorrad-Konzept und der ursprünglichen Transalp-Idee, einen möglichst homogenen Leistungsverlauf zu haben. Sie kann zwar schnell und sportlich bei aufgedrehtem Hahn, aber insgesamt ist sie mir zu unharmonisch und schlapp im unteren und mittleren Bereich. Fühlt sich meiner Meinung nach eher wie 75 denn 95 PS an. Meine 650er-Transe von 2001 ist viel schwächer, aber ich bin trotzdem nicht heiß auf die neue Transe, offenbar nicht mein Moped.
- Koffersystem mit Topcase ist sehr funktional, klasse Handling und Bedienung, gefällt mir gut, voll reisetauglich! Enduro-Integralhelm passt zwar, aber wird eng in der Kiste.
Kilometerstand: 12.450, 1/2024
Mit 1.645 verkauften Einheiten war die Honda XL 750 Transalp 2023 die bestverkaufte Reiseenduro in der Nicht-GS-Klasse und auf Platz 9 im Gesamtranking zu finden. Doch im Vergleich mit dem Umfeld stellte sich schnell heraus, dass z. B. die Gesamtübersetzung arg lang, die Fahrwerksabstimmung sehr soft und die Grundausstattung recht mager ist. Dennoch entwickelte sie sich schnell zu einem der Lieblinge der Redaktion, der 12er-Service ist absolviert, Kosten: 365,33 Euro, Auffälligkeiten: keine. Das problemlose, umgängliche und, von einigen Schrullen bei der Display-Bedienung abgesehen, niemals nervende Wesen hat die Transalp von ihren insgesamt vier Vorgängerinnen übernommen. Derzeit steht sie oft in der Werkstatt, weil es einiges an Zubehör zu montieren und testen gibt. Denn manchmal gewinnt das Leben eben auch, wenn man sich darauf einlässt.
Kilometerstand 11.549, 11/2023
Testchef Andreas Bildl ist zwar die Sitzposition zu passiv, der Wetterschutz zu wenig und die Bremse zu schlaff, er mag die Honda XL 750 Transalp dennoch wegen ihres entspannten Wesens. In Planung: Noch mehr Zubehör ausprobieren, noch mehr kennenlernen, noch mehr gewinnen.
Kilometerstand: 10.553, 10/2023
Vor der Herbstausfahrt 2023 zogen wir frische Michelin Anakee Adventure auf die goldenen Drahtspeichenräder. Überraschung in den ersten Kurven: Trotz straßenorientierterer Pelle entwickelt die Honda XL 750 Transalp ein unangenehmes Kippmoment in Schräglage und gibt wenig Feedback vom Vorderrad. Dabei wurde doch bisher im Fahrtenbuch ihr neutrales Lenkverhalten gelobt. Schuld ist wohl nicht alleine der Pneu: Fotograf Tyson nutzt Topcase und Koffer auf der Tour für seine umfassende Arbeitsgerätschaft, verschiebt die Radlast damit deutlich nach hinten aufs absinkende Heck. Hat man sich mit dem indifferenten Vorderradgefühl arrangiert, überwiegen wieder die Stärken. Etwa ihr – wenn bei Laune gehalten – kultivierter und sparsamer Antrieb samt tollem Quickshifter, standfeste Bremsen, gelungene Ergonomie und reichhaltige Ausstattung.
Kilometerstand: 9.000, 8/2023
Ihre erste Alpenüberquerung brachte die neue Transalp schnell hinter sich. Werkstudent Alex entführte die kleine Schwester der Africa Twin im Sommer 2023 in Richtung Gardasee.
Und wie für praktische Reiseenduros üblich, musste sich die Honda XL 750 Transalp in den darauffolgenden Wochen oft und gerne als Alltagsfahrzeug in der MOTORRAD-Redaktion herhalten. Im Oktober 2023 standen bereits rund 9.000 Kilometer auf der Uhr. Resultat des fleißigen Einstands: Die serienmäßigen Metzeler Karoo Street überlebten gerade mal 3 Monate.