Youngtimer Test: Triumph Speed Triple
Der Englische Youngtimer von Triumph

Kaum ein Motorrad-Gesicht hat sich so in das kollektive Gedächtnis der Fans eingebrannt wie die beiden Glubschaugen der Triumph Street Triple.

Der Englische Youngtimer von Triumph
Foto: Herzog

Einen Streetfighter zu fahren bedeutete anfangs, aus der Not - nämlich einem zerstürzten Sportmotorrad - eine Tugend zu machen und das Unfallfahrzeug ohne Verkleidung zu betreiben, die nötige Beleuchtung wurde irgendwie drangeschraubt. Triumph erklärt diese Art der Notlösung mit der 1997er-Street Triple zum Konzept: Ein sportlicher, leistungsstarker Dreizylinder-Reihenmotor mit 885 cm³ steckt in einem kompakten Chassis. Das Hinterrad führt, wie bei einigen Superbikes, eine Einarmschwinge, und die beiden freistehenden Rundscheinwerfer sehen aus, als wäre die Verkleidung abhandengekommen.

Unsere Highlights

Ergebnis: ein nacktes Sportmotorrad. Etwas näher am Naked-Bike-Gedanken orientiert sich die Sitzposition. Der breite Rohrlenker dirigiert das Fahrzeug mit wenig Kraft, das straffe Fahrwerk und die belastbaren Bremsen sind der versprochenen Höchstgeschwindigkeit von 231 km/h voll und ganz gewachsen. Der 190er-Hinterreifen hat vor allem optische Qualitäten. Verdruss bereitet anfangs die Abstimmung der elektronischen Zünd-/Einspritzanlage: Fehlzündungen, hoher Kraftstoffverbrauch, Leistungseinbrüche und abruptes Absterben des Motors im Schiebebetrieb sind keine Seltenheit. Triumph reagiert zwar rasch und überarbeitet die Programmierung mehrfach, doch erst die gründliche Modellpflege 1999 verbunden mit der Hubraumaufstockung auf 956 cm³ schafft die Probleme aus der Welt.

Aufgefallen

Position:
Kräftiger Motor
Röhrender Sound
Sportliches Fahrwerk
Geringe Lenkkräfte
Große Schräglagenfreiheit
Einzigartiges Design-Konzept
Schicke Einarmschwinge

Negativ
Überbreiter Hinterreifen
Unharmonische Motorabstimmung
Kaum soziusgeeignet
Karge Ausstattung

Modellgeschichte / Die Konkurrenz

Herzog
Die extravagante Speed Triple ist mit ihrem verschlungenen Rahmen und der Einarmschwinge eine echte Augenweide.

Modellgeschichte

1994

Die Ur-Speed Triple mit Rundscheinwerfer und Lenkstummeln fühlte sich eher als Cafe Racer

2000
Im Zuge der Modellpflege bekam die Speedy einen Auspuff aus poliertem Edelstahl

2002
Das neue, kantige Motorgehäuse mit den vielen sichtbaren Schrauben stieß bei den Fans auf wenig Gegenliebe

2005
Radikale Umgestaltung: Doppelauspuff unterm Heck, bulligere Statur, 1050 cm³ Hubraum

2011
Die aktuelle Evolutionsstufe ist an den fünfeckigen Scheinwerfern zu erkennen - freistehende, selbstredend


Die Konkurrenz

Buell S1 Lightning

Sehr spezielles Konzept mit einem Harley-Sportster-Motor im ultrakompakten Sportfahrwerk und urwüchsiger Leistungsentfaltung. Preis: 10 223 Euro

Ducati M 900 Monster

Ebenso wie die Speed Triple erfreut sich die Monster-Baureihe bis heute großer Beliebtheit. Sportlicher V2 im italienischen Chassis. Preis: 9914 Euro

Kawasaki ZRX 1100 R

In Anlehnung an US-Superbikes brachte Kawasaki den dicken Vierzylinder mit knurrigem Klang und Alltagsnutzen auf den Markt. Preis: 8431 Euro

Fahrverhalten / Endwertung

Herzog
Klassisch-sportlich informieren drei weiße Skalen über Tempo, Drehzahl und Motortemperatur.

Fahrverhalten

In der Stadt

Keine Frage, die Speed Triple - egal, welchen Baujahrs - ist auf der Flaniermeile ein stilsicherer Auftritt. Die Abstimmungsprobleme der ersten Motorelektroniken sind zwar keine Empfehlung für den Alltagsgebrauch, aber damit kann man sich arrangieren. Gepäcktransport? Am besten im Rucksack.

Auf der Landstraße
Ja, yes, seguro, oui! Man kann es nicht oft genug erzählen: Sportliche Nakeds gehören vor allem hierhin. Wer wenig befahrene und trotzdem gut asphaltierte Kurvenstrecken kennt, sollte sie unbedingt mal mit einer Speed Triple unter die Räder nehmen. Das ist Motorradfahren in Reinform.

Auf der Autobahn
Die meisten Exemplare der Speed Triple tragen eine kleine, schicke Lampenmaske. Die wenigsten Fahrer versprechen sich davon irgendeine Form von Windschutz. Also: Autobahn ist natürlich machbar, kostet aber im Fahrtwind hinter dem breiten Lenker viel Kondition. An Topspeed mangelt es keineswegs.

Endwertung

Motor
Der Dreizylinder leistet sich eine leichte Anfahrschwäche, legt aber ab 3000/min beharrlich an Leistung zu. Die kurze Übersetzung ist ein Spaßgarant.

Fahrwerk
Die in Federbasis und Dämpfung voll einstellbare Gabel dokumentiert die sportliche Ader der Triumph. Ingesamt sehr straff und direkt.

Bremsen

Formidabel. Dass ein sportliches Naked Bike 1997 noch kein ABS hatte, kann man verzeihen. Für 2011er-Modelle ist es optional verfügbar.

Ausstattung
Zweckmäßig bis spartanisch. Das Cockpit lässt keine Fragen offen, nervt im Gegenzug auch nicht mit einer Überfülle an Informationen.

Komfort

Die Anordnung von Lenker, Sitzbank und Rasten ist noch leidlich bequem. Alles weitere huldigt dem Sportsgeist, und der verlangt Körperspannung.

Einsteigertauglichkeit
Der Motor gibt sich bei Bedarf erstaunlich gutmütig; der breite Hinterreifen und die bissigen Bremsen sind eher für erfahrene Piloten gedacht.

Technische Daten

Herzog
Sport-Gene: Das einarmig geführte Hinterrad ist vorallem ein Hingucker, technische Vorteile: Mangelware.

Technische Daten

Motor: Dreizylinder-Viertakt/Reihe
Hubraum: 885 cm³
Kraftübertragung: Sechsganggetriebe/Kette
Leistung: 79 kW (108 PS) bei 9100/min
Max. Drehmoment: 85 Nm bei 7500/min
Bremse vorn Doppelscheibe: (Ø 320 mm)
Bremse hinten Scheibe: (Ø 220 mm)
Reifen vorn: 120/70 ZR 17
Reifen hinten: 190/50 ZR 17
Federweg vorn/hinten: 120/140 mm
Tankinhalt: 18 Liter, Super
Farben: Schwarz, Grün, Rot
Wartungsintervalle: 10 000 km
Neupreis: (1997) 9710 Euro mit Nebenkosten

Höchstgeschwindigkeit*: 231 km/h
Beschleunigung 0−100 km/h: 3,4 sek
Durchzug 60−140 km/h: 10,0 sek
Gewicht vollgetankt: 219 kg
Zuladung: 186 kg
Verbrauch Landstraße: 5,5 l/100 k

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023