Kurz hinter Trafoi, am Fuße des Stilfser Jochs: Besonders in den eher mäßig asphaltierten und halsumdreherisch engen Kehren ist man für jedes Kilo weniger Motorrad dankbar. Gut, dass die Retro-Bikes Husqvarna Svartpilen 401 und Triumph Scrambler 400 X echte Leichtgewichte sind. Triumphs neue Scrambler 400 X geizt auf der Waage mit 183 Kilogramm, vollgetankt. Die Husqvarna Svartpilen 401 kann diesen Wert mit mageren 165 Kilogramm sogar noch deutlich unterbieten.
Beide Retro-Bikes sind A2-konform
Und auch abseits des Gewichts ähneln sich die Konzepte. Beide Retro-Bikes haben einen knapp unter 400 Kubikzentimeter Hubraum fassenden Einzylinder, sind A2-konform und schöpfen diese Führerscheinklasse gut aus. Die beiden Rivalen werden sogar größtenteils in derselben Fabrik gebaut. Ja, echt. KTM fertigt schon seit geraumer Zeit seine 390-Modelle und folglich auch die Husqvarna Svartpilen 401 in Indien bei Bajaj – neuerdings auch Partner von Triumph.
Husqvarna Svartpilen 401 mit Fahrmodi und Traktionskontrolle
Doch auch wenn sie im selben indischen Werk zusammengeschraubt werden, charakteristisch könnten die Motoren kaum unterschiedlicher sein. Als Herz der Husqvarna Svartpilen 401 schlägt der nun Euro-5+-konforme LC4c-Einzylinder von KTM. Der Single zeigt sich drehfreudig und marschiert ab 5.000/min zügig in Richtung Begrenzer. Gasbefehle setzt er präzise und unmittelbar um, bleibt auch bei untertouriger Fahrweise überraschend handzahm. In puncto Elektronik kann die kleine Husqvarna ordentlich punkten: Sie ist mit 2 Fahrmodi und einer schräglagenabhängigen, zweistufigen Traktionskontrolle top ausgestattet.
Triumph Scrambler 400 X mit linearer Leistungsentfaltung
Die Triumph Scrambler 400 X übt sich dagegen in Bescheidenheit: Ein Fahrmodus muss genügen, um die buckeligen Berg-und-Tal-Fahrten in den Ortler-Alpen zu bewältigen. Das gelingt der Scrambler etwas behäbiger als der Svartpilen, was aber keine große Überraschung ist. Schließlich muss die Triumph ganze 18 Kilo mehr als ihre Konkurrentin bewegen und hat dabei auch noch 5 PS weniger. Ihre 40 Pferde reichen dennoch völlig aus, um selbst bei schroffem Anstieg noch problemlos zu überholen. Der 398-Kubik-Einzylinder ist eine Neuentwicklung und entfaltet seine Leistung spürbar linearer als der LC4c der Svartpilen, auch wenn ihm oben raus die Puste früher ausgeht. Seine Vorzüge kommen besonders im unteren Drehzahlbereich zum Vorschein, denn für einen Einzylinder brummt der Scrambler-Motor seelenruhig und zeigt gute Manieren.
Quickshifter mit Blipperfunktion an der Svartpilen
Jetzt aber schnell wieder raus aus dem Drehzahlkeller. Möchte man die Retro-Rabauken möglichst flott über den Pass jagen, müssen reichlich Umdrehungen her. Durch ihre engen Getriebeabstufungen ist viel Schaltarbeit gefragt. Die erleichtert der Quickshifter mit Blipperfunktion der Husqvarna Svartpilen 401. Die Triumph Scrambler 400 X verzichtet auf einen Quickshifter.
Scrambler 400 setzt auf Fahrkomfort
Generell lässt es die neue Triumph Scrambler 400 X etwas ruhiger angehen und setzt vor allem auf Fahrkomfort. Das bestätigt auch die weichere Fahrwerksabstimmung, die besonders in unserem Terrain sehr angenehm und gesäßschonend ist. Die Husky steht deutlich straffer da, vermittelt dafür aber mehr Gefühl fürs Vorderrad.
Aufgrund des breiteren Lenkers könnte man meinen, dass die Scrambler sich etwas flinker einlenken lässt als ihre Mitstreiterin, doch ganz im Gegenteil: Besonders am Kurveneingang wirkt die Triumph eher bockig, will auf der Bremse lieber geradeaus als in die Kurve, während die Husqvarna willig und gar widerstandslos in Schräglage geht. Dort angekommen liegen beide Bikes satt in der Kurve, ohne sonderlich kippelig zu wirken. Die Scrambler fordert mehr Lenkeinsatz, um die gewünschte Linie zu treffen.
Bremsen und Ergonomie
Steigen wir in die Eisen – die Husqvarna Svartpilen 401 verzögert vernünftig, die Verzögerung ist gut dosierbar, und der Druckpunkt bleibt selbst bei langen Abfahrten konstant. Im Gegensatz dazu fühlt sich die Bremse der Triumph Scrambler 400 X teigig an. Ihr Bremshebel muss mit aller Kraft (und allen Fingern) gezogen werden, um schließlich entscheidend später als die Svartpilen zum Stand zu kommen. Verbesserungspotenzial? Vorhanden.
Weniger zu meckern gibt es in Sachen Ergonomie: Der breitere Lenker und die höhere Sitzbank sorgen für eine aufrechte Haltung und machen die Triumph Scrambler 400 X sehr bequem. Die Husqvarna Svartpilen 401 setzt sportliche Akzente mit vorderradorientierter, kompakter Sitzposition und schmalerem Lenker. Welches Bike man bevorzugt, entscheidet der persönliche Geschmack.
Test-Sieg in den Alpen
Betrachten wir jedoch die Fakten, überzeugt die Husqvarna Svartpilen 401 auf ganzer Linie. Der spritzige Motor mit umfangreichen Elektronik-Features, das agile und kurvenstabile Fahrverhalten und nicht zuletzt die überzeugendere Bremsanlage sichern der Husqvarna den Test-Sieg in den Alpen.
Husqvarna Svartpilen 401
agiles Fahrverhalten und viel Vorderradgefühl
sinnvolle Elektronik-Features
simples Bedienkonzept
knackiger Quickshifter
ausgewogene Bremsanlage
rappeliger Motorlauf bei niedrigen Drehzahlen
geringere Reichweite
Triumph Scrambler 400 X
laufruhiger und kultivierter Motor
angenehme Sitzposition
hohe Reichweite auf Pässen
Haken zum Verzurren
reichlich Bodenfreiheit
schwächere Bremsleistung und weicher Druckpunkt
Tacho schlecht ablesbar
Husqvarna Svartpilen 401 (2024) | Triumph Scrambler 400 X (2024) | |
Motor | 1, Motor | 1, Motor |
Leistung | 33,0 kW / 44,0 PS bei 8.500 U/min | 29,0 kW / 40,0 PS bei 8.000 U/min |
Hubraum | 399 cm³ | 398 cm³ |
Leergewicht vollgetankt | 179 kg | |
Sitzhöhe | 820 mm | 835 mm |
Grundpreis | 6.299 € | 6.045 € |