Mit der neuen R 1300 R schlägt BMW auch im Naked-Bike-Segment den von der R 1300 GS vorgegangenen Weg ein: moderner, schlanker, dynamischer. Die Zeiten des klassisch gezeichneten Boxer-Roadsters mit bürgerlichem Allrounder-Charme scheinen vorbei, stattdessen gibt sich die neue R schon optisch deutlich angriffslustiger.
BMW R 1300 R – variabel von Sport bis Touring
Bei aller Neuausrichtung soll sie laut BMW dennoch ihrem Grundgedanken treu bleiben und weiterhin auch als komfortabler Langstrecken-Roadster überzeugen. Je nach Modellvariante und Ausstattung richtet sie sich damit gleichermaßen an sportlich ambitionierte Solisten wie an tourenaffine Genießer – trotz der insgesamt strafferen, sportlicheren Auslegung. Ob dieser Spagat gelingt, das konnten wir bei einem ersten Fahr-Test herausfinden.
Starker Boxer-Motor mit 145 PS und 149 Nm
Angetrieben wird die neue BMW R 1300 R vom aktuellen Boxer-Motor. Bedeutet: 1.300 Kubik, 145 PS bei 7.750 Touren und 149 Nm Drehmoment bei 6.500/min. Damit hat sie leistungsmäßig zwar gegen manche "Hyper-Nakeds" das Nachsehen, sie braucht sich beim Antritt – vor allem unten heraus und in der Mitte – aber vor niemandem verstecken. Der Boxer schiebt brachial an und wird dem neuen, sportlichen Anspruch auch oben heraus gerecht.
Tirol-taugliche 88 dB Standgeräusch
Dabei bleibt die BMW R 1300 R akustisch zurückhaltend: Schon in den Fahrzeugpapieren stehen Tirol-taugliche 88 dB Standgeräusch. In der Praxis entweicht dem doppelflutigen Endrohr zwar eine durchaus sportlich-sonore Note, aber weniger aufdringlich als noch bei der 1250er-Generation. Ob der optionale Akrapovic-Endschalldämpfer klanglich einen Unterschied macht, konnten wir noch nicht testen. Laut BMW ist er "gewichtsoptimiert" und kostet im Konfigurator einzeln 965 Euro. Alternativ wäre er in der von uns gefahrenen Modellvariante "Performance" (Paketpreis 3.205 Euro) für weitere 830 Euro Aufpreis enthalten.
Neues Fahrwerk aus Stahl und Aluminium
Auch um den starken Motor herum ist die BMW R 1300 R im Vergleich zur 1250er-Vorgängerin technisch – und spürbar – aufgerüstet. Neu ist etwa der Rahmen, der wie bei der R 1300 GS aus einem Stahlblechschalen-Hauptrahmen und einem Aluminium-Heck besteht. An der Front bleibt es hier jedoch bei einer konventionellen Upside-down-Telegabel statt des GS-typischen Telelevers, hinten kommt auch hier der weiterentwickelte Evo-Paralever zum Einsatz.
Dynamic ESA oder das neue DSA
Serienmäßig hat die BMW R 1300 R das elektronische Fahrwerk Dynamic ESA an Bord, das Dämpfung und Federvorspannung hinten automatisch an den gewählten Fahrmodus anpasst. Optional (Teil des Dynamik-Pakets für 1.580 Euro) steht mit Dynamic Suspension Adjustment (DSA) auch ein vollautomatisches, elektronisches Fahrwerk zur Verfügung – und damit die weltweit erste Serien-Telegabel mit adaptiver Federrate. Je nach Modus (Basis: "Road", "Rain", "Eco"; optional mit Dynamik-Paket: "Dynamic" und "Dynamic Pro") sowie Fahrzustand und Beladung regelt DSA nicht nur die Dämpfung an Vorder- und Hinterrad, sondern passt auch die Federrate ("Federsteifigkeit") dynamisch an.
BMW R 1300 R "Performance" mit Sportfahrwerk
Und dazu kommt bei der "Performance"-Variante der BMW R 1300 R das optionale Sportfahrwerk ins Spiel, mit strafferer Abstimmung, längerer Gabel und verlängertem Dämpfer. Dadurch steigen Bodenfreiheit und Sitzhöhe um 10 Millimeter, was für eine noch sportlichere Geometrie und mehr Schräglagenfreiheit sorgt. Auf der Landstraße zeigt sich das "Performance"-Fahrwerk wirklich straff, es spricht aber dennoch gut auf Unebenheiten an und wirkt nicht übermäßig hart. Den direkten Vergleich mit dem Standard-Fahrwerk blieben die Testmöglichkeiten schuldig – wir vermuten aber, dass Standard für komfortorientierte Fahrer mit entsprechender Fahrzeugkonfiguration die stimmigere Wahl darstellt.
Ohne oder mit Schaltassistent
Auch beim Getriebe haben Käufer einer neuen BMW R 1300 R die Wahl: Das 16.450 Euro teure Basis-Modell kommt ohne Schaltassistenz, ganz klassisch mit Kupplungshebel. Für den Schaltassistent Pro mit Quickshifter und Blipper ist entweder das Dynamik-Paket für 1.580 Euro oder gleich das 19.655 Euro teure "Performance"-Modell erforderlich. Am entsprechend ausgestatteten Testfahrzeug überzeugten die präzise, klar definierte Rastung und die zackige Gangwechsel-Charakteristik.
Sport-Fußrastenanlage und Sport-Sitzbank
Weniger gefiel der vergleichsweise hohe Kraftaufwand am Schalthebel der BMW R 1300 R. Laut BMW liegt das an der gewählten Einstellung der optionalen Sport-Fußrastenanlage, die in 4 Positionen montiert werden kann. Gefahren wurde in der unteren, nach hinten versetzten Variante – in Kombination mit der optionalen, höheren Sport-Sitzbank ergibt sich bei 1,89 Meter Körpergröße ein sportlicher, aber noch gut vertretbarer Kniewinkel. Trotzdem taugen die Sport-Rasten auch für Komfort-Fans: Die Position "unten/vorn" entspricht der Standard-Ergonomie.
Mehr Komfort mit dem Komfort-Lenker
Alternativ ist die BMW R 1300 R mit dem erhöhten Komfort-Lenker für 115 Euro konfigurierbar. Eine kurze Sitzprobe auf einem entsprechend ausgestatteten Exemplar macht klar: Tatsächlich lässt die R 1300 R sich ähnlich entspannt wie ihre Vorgängerin zurechtkonfigurieren. Und dank der um 180 Grad drehbaren Klemmfäuste sind auch am sportlichen Standard-Lenker ergonomische Anpassungen möglich.
Schalt-Automatik ASA
Zurück zur Schaltung der BMW R 1300 R: Wer Gangwechsel besonders mühelos – und laut BMW sogar noch dynamischer – bevorzugt, kann die R 1300 R für 900 Euro mit dem automatisierten Schaltgetriebe ASA ausstatten, das komplett ohne Kupplungshebel auskommt. Mit dem Roadster stand das ASA für Testfahrten nicht zur Verfügung, wohl aber mit der identisch motorisierten R 1300 RT. Dort überzeugte ASA mit schnellen, geschmeidigen Gangwechseln – sowohl im Automatik- als auch im manuellen Modus. Was fehlt, ist die vertraute mechanische Rückmeldung klassischer Getriebe: Der Schalthebel fungiert lediglich als Schalter, den eigentlichen Gangwechsel übernehmen elektromechanische Aktuatoren nahezu verzögerungsfrei – aber eben auch mechanisch entkoppelt vom Schaltfuß.
BMW R 1300 R mit moderner Vollausstattung – fast
Voll auf der Höhe der Zeit präsentiert sich auch die weitere Ausstattung der BMW R 1300 R: "Keyless Ride", USB-C-Ladeanschluss sowie eine Bordsteckdose gehören zur Grundausstattung. Optional gibt es einen radargesteuerten Abstandstempomat mit Notbremsfunktion. Auf einen klobigen Radarsensor am Heck, notwendig für den Totwinkelassistenten, verzichtet BMW hier bewusst. Er hätte die Formgebung des kurz und knackig gezeichneten Hecks der R 1300 R empfindlich gestört. Ebenfalls aufpreispflichtig, aber im Alltag ein echter Komfortgewinn: Sitz- und Griffheizung, die beide bei einem Regenguss während der Testfahrt kraftvolle Wirkung zeigten – schon auf Stufe 1 von 3.