Ducati 900 SS im Test

Ducati 900 SS im Test Ducati 900 SS als gebrauchtes Motorrad

Die gereifte, italienische Dame hat noch nichts von ihrer Sportlichkeit verloren, mit der sie vor 20 Jahren die Bühne betrat und die Liebhaber sportlicher Zweizylinder verzückte. Wie schlägt sich die Ducati 900 SS im Test?

Ducati 900 SS als gebrauchtes Motorrad Archiv

Supersport mit 78 PS? Das klingt im Jahre 2009 eher erheiternd. Wo doch aktuelle Supersportler schon aus 600 cm³ fast 130 PS zaubern. 1990, als die ersten 900 Supersport aus den Werkshallen rollten, sah das noch anders aus, und die rote Schönheit begeisterte die Sportfans. Und sie beschleunigt auch heute noch den Puls.

Weniger aufgrund enormer Höchstleistung oder atemberaubender Fahrleistungen, sondern mit ihrem charaktervollen V2-Schlag und dem mächtigen Druck bei mittleren Drehzahlen, also zwischen etwa 3000 und 6000 Touren. Schon bei 7000/min liegt die Höchstleistung an, höher drehen macht wenig Sinn, der V2 wirkt dann zäh und mahnt zum Schalten.

Ebenso wie der Motor macht auch die Sitzposition schnell klar, dass es sich hier nicht um einen Extrem-, sondern um einen Alltagssportler handelt, mit dem allerdings durchaus flotte Gangart möglich ist.

Die Lenkerstummel sind nicht rennmäßig tief, sondern in erträglicher Höhe montiert, der Tank lässt den Fahrer recht weit nach vorn rücken – die Duc zwingt den Piloten nicht wie manch anderer Sportler in eine lästig gestreckte Haltung, sondern lässt ihn entspannt gebeugt sitzen. Selbst der Beifahrer findet ein menschenwürdiges Plätzchen vor.

Natürlich ist die 900er dennoch kein weichgespülter Touren-Bock geworden, dafür sorgen schon die straff abgestimmten, voll einstellbaren Showa-Federelemente. Wobei die Gabel hier die Nase vorn hat: Sie spricht sensibel an, schluckt nahezu alles weg und verfügt über reichlich Reserven in Sachen Dämpfung. Das Federbein gehört eher zur bockigen Sorte und leitet so manchen Stoß ungerührt an den Fahrerrücken weiter.

Für echt sportliche Fahrweise sollten auch die Brembo-Bremsen mehr Biss und vor allem bessere Dosierbarkeit bieten. Mangels konkretem Druckpunkt fehlt es ihr etwas an Transparenz.

Wenig zu mäkeln gibt es hingegen am legendären, bildschönen Gitterrohrrahmen – er ist bestens verarbeitet und sorgt für tadellose Stabilität. Trotz des recht geringen Gewichts von nur 198 Kilogramm fällt sie nicht so handlich in Kurven, wie man vermuten könnte. Sie braucht ein wenig Nachdruck, und in langsamen, engeren Kurven wirkt sie ein wenig kippelig.

Am meisten Spaß machen gut ausgebaute Landstraßen mit langgezogenen Kurven, die man mit hohem Tempo nimmt. Lässt man es jedoch richtig laufen mit der Duc, zum Besipiel auf der leeren Autobahn, steigt der Verbrauch von normalerweise gut fünf Litern auf Werte von deutlich über acht Litern pro 100 Kilometer. Und zwar Super, wie ihre Bezeichnung ja schon sagt. Sie trägt ihren Namen also doch irgendwie zu Recht.

Kurzurteil

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Freie Sicht auf das voll einstellbare Federbein, das jedoch auf kurze, harte Stöße unsensibel und etwas bockig anspricht.

Plus:

  • Kräftiger V2-Motor
  • Kultiges Ducati-Design
  • Relativ entspannte Sitzposition für Fahrer und Beifahrer
  • Stabiles Fahrwerk
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Sensibel ansprechende Gabel

Minus:

  • Bremse mäßig dosierbar
  • In engen Kurven kippelig
  • Teils billig wirkende Anbauteile
  • Bei flottem Tempo stark ansteigender Verbrauch

Die Konkurrenz

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Die Konkurrenz: das rote Trio.

Honda VTR 1000 F (links)
Ein braver, gutmütiger Sporttourer, der keine Extreme kennt. Höchstens beim Verbrauch: Der kräftige V2 säuft einfach zu viel. Preis: 9367 Euro (1997)

Suzuki TL 1000 S (mitte)
Stark und sehr schnell, aber mit hohem Verbrauch und Kinderkrankheiten belastet, verstärkte die TL die V2-Sportler-Riege. Preis: 9096 Euro (1997)

Yamaha TRX 850 (rechts)
Nur der kantige Sitz und Lastwechsel­reaktionen trüben den Spaß mit der handlichen TRX und ihrem kernigen Reihen-Twin. Preis: 8022 Euro (1997)

Technische Daten

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Flach und geduckt: Geringer Luftwiderstand ermöglicht die respektable Höchstgeschwindigkeit.

Die Daten*

Motor: Zweizylinder-Viertakt/V
Hubraum: 904 cm³
Kraftübertragung: Sechsganggetriebe/Kette
Leistung: 57 kW (78 PS) bei 7300/min
Max. Drehmoment: 83 Nm bei 6400/min
Bremse vorn: Doppelscheibe (Ø 320 mm)
Bremse hinten: Scheibe (Ø 245 mm)
Reifen vorn: 120/70 ZR 17
Reifen hinten: 170/60 ZR 17
Radstand: 1410 mm
Federweg vorn/hinten: 120/125 mm 
Sitzhöe: 800 mm
Tankinhalt: 17,5 Liter, Super
Farbe: Rot
Wartungsintervalle: 5000 km
Preis: 9645 Euro (Neupreis 1997) ab 2500 Euro (Gebraucht)

Die Messwerte

Höchstgeschwindigkeit: 213 km/h
Beschleunigung 0−100 km/h: 3,5 sek
Durchzug 60−140 km/h: 11,3 sek
Gewicht vollgetankt: 198 kg
Zuladung: 202 kg Verbrauch
Landstraße: 5,3 l/100 km

*Werksangabe

Nackte und Nachfolgerin

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Die Ducati 900 SS Nuda und 900 SS ie.

Als 900 SS Nuda (links), als „Nackte“, gab’s die Sport-Duc ab 1991 mit Halbschale, parallel zur „Carenata“ mit Vollverkleidung. Ihre Vorteile: 268 Euro Ersparnis und um zirka drei Kilogramm geringeres Gewicht.

Mit Einspritzung (rechts): 1998 löste die 900 SS ie die Vergaser-Version ab. Der Motor erstarkte kaum (jetzt 79 PS), überzeugt aber mit perfekter Gasannahme bereits ab 2000/min. Auch besser: Handling und Bremsen.

Stadt, Land und Autobahn

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Gestrippt: Der stabile und schmucke Gitterrohrrahmen wirkt sehr filigran. Ungewöhnlich: Die Batterie thront ganz oben unterm Tank.

In der Stadt
Dank breiter, nicht zu tief montierter Lenkerstummel und des relativ kurzen Tanks fällt die Sitzhaltung für eine Ducati geradezu human aus. Die schwergängige Kupplung ist jedoch auf Dauer anstrengend, der geringe Lenkeinschlag verhindert bessere Wendigkeit und erschwert das Durchschlängeln und Rangieren.

Auf der Landstraße
Der V2 liefert bereits unten und in der Mitte satte Leistung, was manchen Schaltvorgang erspart. Auf glattgebügelten Pisten mit nicht zu engen Kurven macht die stabile Duc am meisten Spaß. Enge Kehren mag sie wegen ihrer Neigung zum Kippeln und miesen Belag wegen des unsensiblen Federbeins nicht.

Auf der Autobahn
Wenn die Ducati eines kann, dann stabil geradeaus bolzen. Das lässt sich sogar längere Zeit gut ertragen, denn die Sitzhaltung fällt recht entspannt aus, der Windschutz ist passabel. Mit über 210 km/h Spitze gehört die 900er zu den Flotten auf der Bahn, zieht aber bei hohem Tempo gnadenlos den Sprit durch.

Abschluss-Zeugnis Ducati 900 SS

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Die 900 SS ist nicht superhandlich und verlangt nach sauberem Fahrstil, folgt aber unbeirrbar der gewählten Linie.

Motor: Mäßige Spitzenleistung, dafür angenehm kräftig schon bei geringen Drehzahlen. Flottes Tempo erhöht den Spritverbrauch drastisch. (3 von 5 Punkte)

Fahrwerk: Die sensibel ansprechende Gabel hätte ein etwas weniger bockiges Federbein verdient. Die Duc fährt nicht superhandlich, aber sehr stabil. (4 von 5)

Bremsen: Die Wirkung der Brembo-Stopper geht durchaus in Ordnung, allerdings leidet die Dosierbarkeit unter dem nicht klar definierten Druckpunkt. (3 von 5)

Ausstattung: Unnötigen Luxus sucht man hier vergeblich, aber die Duc hat alles, was ein Sportler braucht. Teils billige Anbauteile trüben das Bild ein wenig. (3 von 5)

Komfort: Die Sitzhaltung ist gar nicht so unbequem, selbst der Sozius findet ein erträgliches Plätzchen. Windschutz und Federungskomfort sind mittelprächtig. (3 von 5)

Einsteigertauglichkeit: Die schwergängige, rupfende Kupplung, das teils kippelige Fahrverhalten und die mäßig dosierbaren Bremsen empfehlen die Duc hier nicht gerade. (1 von 5)

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