Nehmen wir an, im aktuellen Elektroroller BMW CE 04 wären bereits die neuen Zellen der sechsten Generation von BMW eingebaut, dann käme er bei gleicher Anzahl an Zellen 169 Kilometer weit, also rund 40 Kilometer weiter. Zudem wäre die Ladedauer mit dem Schnelllader um gut 40 Minuten kürzer: genau eine Stunde. Andersherum gerechnet erlaubte die um 20 Prozent gestiegene Energiedichte den Verzicht auf den gleichen Anteil an Zellen bei gleichbleibender Leistung. Und: Die Kosten für die neuen Zellen liegen laut BMW gut 50 Prozent unter denen der aktuellen Generation, was auch in Sachen Zweirad wohl mit das stärkste Argument ist.
Dazu Frank Weber, Entwicklungsvorstand bei BMW: "Die Energiedichte wird um mehr als 20 Prozent erhöht, die Ladegeschwindigkeit um bis zu 30 Prozent gesteigert und die Reichweite um bis zu 30 Prozent verbessert. Gleichzeitig lassen sich damit die Kosten im Vergleich zur aktuellen Generation um bis zu 50 Prozent senken. Zudem verringern wir die CO₂-Emissionen in der Zellproduktion um bis zu 60 Prozent."

Neues Zellformat für BMW Motorräder?
Bisher verwendet BMW – unter anderen im neuen CE 04 – prismatische Zellen. Das sind im Prinzip Akkus, wie wir sie aus dem Smartphone kennen, die mit einem rechteckigen Gehäuse aus Alu ummantelt sind. Sie lassen sich recht einfach verbauen und erlauben viele Zellen auf kleinem Raum, allerdings nur bei geometrisch einfachen Strukturen. Für ein modernes E-Motorrad oder den Bau eines Elektroautos nach der Pack-to-open-Body-Methode, in der Batteriesegmente mittragende Chassisteile werden, ist diese Bauform mit Nachteilen markiert. Daher wird die sechste Zellen-Generation bei BMW aus Rundzellen mit einem Durchmesser von 46 Millimetern und unterschiedlichen Höhen bestehen. Die Dimension wird von Tesla wohl ab 2023 in den Serienbau kommen. Und für ein erwartetes Elektro-Motorrad von BMW bieten sich diese neuen Rundzellen an, da das Batteriegehäuse mittragend gestaltet werden kann, ähnlich wie beim Ducati-Prototyp V21L. Und da es noch kein Elektro-Motorrad von BMW gibt, zeigen wir in der Fotoshow den aktuellen Roller CE 04.
Neue Zellchemie
Die deutlich gestiegene Energiedichte (Wh/kg) der Zellen von 20 Prozent geht rein auf das Konto der neuen Zellchemie, also der verwendeten Stoffe für Anode und Kathode. BMW baut die Kathode mit mehr Nickel und weniger Kobalt, und für die Anode kommt mehr Silizium zum Einsatz. Optional möchte BMW die Zellen mit einer Kathode aus Lithium-Eisenphosphat (LFP) nutzen können oder gar als Feststoffbatterie. LFP-Zellen können komplett auf kritische Rohstoffe wie Kobalt und Nickel verzichten, sind allerdings schwerer. Dafür vertragen sie deutlich mehr Ladezyklen und können nicht thermisch durchgehen, also nicht durch einen Kurzschluss in Brand geraten. LFP-Akkus in Motorrädern sind wegen ihres Gewichts unwahrscheinlich. Der Königsweg wären Feststoffzellen, aber die sind noch einige Jahre weit weg.
800 Volt-Technik wie bei Porsche
Mit den neuen Zellen kommt eine neue Spannung: Auf 800 Volt erhöht BMW die Spannung des Antriebs und zieht mit Porsche und Audi gleich. Und hier schließt sich der Kreis zum bereits erwähnten Ducati E-Renner, der ebenfalls mit 800 Volt operiert. Für das Verwenden im Motorrad wäre die gleiche Spannung passend, da die hohe Spannung bei gleicher Leistung weniger Stromstärke benötigt, was dünnere Kabel und damit weniger Gewicht mit sich bringt. Umgekehrt: Bei doppelter Spannung und gleicher Stärke erhöht sich die Leistung des Systems oder auch die maximal mögliche Ladeleistung.