Bridgestone V03 im Test: Neuer Slick für schnelle Rundenzeiten

Bridgestone V03 Slick im Test
Neuer Kleber für schnelle Rundenzeiten

ArtikeldatumVeröffentlicht am 02.12.2025
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Er gilt als einer der favorisierten Reifen für ambitionierte Hobbyracer und Profi-Rennfahrer gleichermaßen: Der Bridgestone V02 ist seit gut zehn Jahren die Wahl für arg tiefe Rundenzeiten auf dem Track, ohne dabei ein gigantisches Loch ins Portemonnaie zu reißen. Warum? Das Renngummi der Japaner kann einerseits maximal schnell, andererseits zählt seine Haltbarkeit unter Rennreifen als beinahe unerreicht. Selbst derb schnelle Piloten können mit einem V02-Hinterrad gute zwei Trackday-Tage abspulen, während Konkurrenzprodukten gern nach einem Tag Rennstrecke die Puste ausgeht.

Bridgestone V03-Test in Thailand

Besonders in der Langstrecken-Weltmeisterschaft EWC überzeugt der V02 seit Jahren: Seine Gutmütigkeit, gepaart mit langer Haltbarkeit und konstanter Rundenzeiten-Performance, ließen ihn zum absoluten Must-Have im Endurance-Sport werden. Aus diesem Grund konnten die Japaner mit dem V02 dutzende Titel in der EWC einfahren. Sein Alleinstellungsmerkmal als eierlegende Wollmilchsau mit weitem Einsatzbereich unter den Profi-Slicks hat jedoch auch eine Schattenseite: Wird mächtig am Kabel gezogen und nach der höchsten Performance gesucht, so hatte der V02 auf die letzten Zehntel im Vergleich zu einem Pirelli oder Dunlop oftmals das Nachsehen.

Auch wenn wir hier von einem Fahr-Niveau jenseits von Gut und Böse sprechen, musste Bridgestone hier nachlegen. Immer wieder verpassten die Ingenieure dem V02 Upgrades – besonders am Vorderrad – und kitzelten dem Slick immer ein wenig "mehr" an Performance aus seinem Gummigeflecht. Dennoch: Ein Nachfolger musste her. Mit dem neuen V03 im Gepäck ging es nun auf den Chang International Circuit nach Thailand, um im Ersteindruck herauszufinden, ob der Dreier seinem legendären Vorgänger ebenbürtig sein kann und gegebenenfalls die Messlatte an Rundenzeiten tiefer setzen kann. So viel vorab: Ja, er kann!

Bridgestone V02 bleibt im Programm

Um dem V03 noch schnelleres Laufen bei – laut Bridgestone – gleicher Haltbarkeit beizubringen, konstruierten die Japaner beinahe vom Zeichenbrett aus einen komplett neuen Pneu. Ja, richtig gelesen: Der V03 ist keine Evolution des V02, sondern ein dediziert neues Produkt. Daher wird der V02 ab 2026 auch nicht aus dem Programm geworfen. Bridgestone wird beide Slicks anbieten. Wer also seinen inneren Frieden mit dem V02 gefunden hat, wird weiterhin das Gummi erwerben können. Mit dem V03 erweitert Bridgestone also sein Kontingent von bisher drei reinen Renngummis – V02, W01 (Regen) und CR11 (explizit für historische Rennmotorräder) – auf vier.

Höhere Verzahnung im Asphalt durch feinere Gummimischung

In seiner Unterkonstruktion basiert der V03 noch auf seinem Vorgänger – doch das war es auch schon. Deutlichster Unterschied: Die gesamte mögliche Auflagefläche des Reifens wurde hinten massiv vergrößert. Konkret wurde am V03-Hinterrad der Gesamtdurchmesser durch einen höheren Aufbau von zwei Millimetern, verglichen mit dem V02, um satte sieben Millimeter erhöht (662 Millimeter zu 669). Bei Vorderrad hingegen erhöhten die Reifenflüsterer das Kronenprofil, also die abspreizende Flankenfläche des Reifens, von 114 Millimetern (V02) zu satten 120 Millimetern beim V03.

Der Effekt: Die Kontur des Vorderreifens verändert sich stark. Läuft der V02 noch spitz und steil im Aufbau nach oben, baut der V03 nun vorne wesentlich runder und weniger spitz. Damit wollte Bridgestone im Fahrbetrieb den Contact Patch erhöhen und gleichzeitig den – besonders in der Bremsphase – maximal möglich aufbauenden Druck durch die Bremse oder in maximaler Schräglage auf eben jenen Contact Patch erhöhen. Zusätzlich schrubbt sich beim V03 zwar die gleiche Gummimischung, aber in anderem Aufbau, auf dem Asphalt ab. Die molekulare Zusammensetzung der Gummimischung ist feiner als beim V02, was dem V03 im Gegenzug eine höhere Verzahnung im Asphalt ermöglichen soll. Stumpf bedeutet das im Umkehrschluss: Die Pelle soll mehr haften.

Vorne stehen zwei Mischungen zur Verfügung: Soft und Soft-Medium. Die softe Mischung kann, wie auch beim V02, als Allzweckwaffe für beinahe jede Temperatur gesehen werden, während die Soft-Medium-Mischung eher für sehr heiße Tage geeignet ist. Hinten stehen mit dem Soft, Medium und dem Sprint drei Variationen zur Auswahl. Soft und Medium gleichen den vorderen Konterparts, die Sprint-Mischung ist jedoch für ganz tiefe Rundenzeiten. Wie der Name schon verrät, sollen mit dem Pneu Sprintrennen oder Qualifyings bestritten werden, wo die schnellste Rundenzeit in den Asphalt gebrannt werden soll. Oder anders: Der Sprint ist Bridgestones Antwort auf Pirellis SCX. Als Zielluftdruck setzt Bridgestone bei allen Mischungen vorne 2,4 Bar und hinten 1,8 Bar an. Den Pneu gibt es vorn in der klassischen Dimension 120/70 R17 und hinten in drei Größen – 180/60 R17, 190/60 R17 und 200/60 R17.

Bridgestone V03 und V02 im direkten Vergleich

Doch viel neues Know-How bringt leider gar nichts, wenn der Pneu nicht auf der Strecke performt. Also – aufsatteln! Zum Einrollen gab es das bekannte Gummi V02 als Referenz. Nach einigen Runden dann der direkte Wechsel auf den neuen Bruder, den wir temperaturbedingt nur in der Soft-Medium-Mischung und als Sprint am Hinterrad gefahren sind. Beim V02 gab es, erwartbar, keine Überraschungen: Der Rennreifen fühlt sich wie nach Hause kommen an. Hohe Stabilität, viel Seitengrip und genügend Feedback auf der Bremse und beim Herausfeuern – eben das, was man vom V02 kennt.

Dann der Schock beim Wechsel auf den V03: Schon auf den ersten Metern fühlt sich der V03 gänzlich anders an als sein Vorgänger. Die erste Bremsphase nach der gut einen Kilometer langen Geraden des 4,554 Kilometer fassenden Rennkurses kommt schon beinahe einer Offenbarung gleich. Mit gut 280 km/h auf dem Tacho muss hier hart in den zweiten Gang auf etwa 90 Stundenkilometer abgebremst werden, was einen extremen Stresstest für’s vordere Gummi bedeutet. Unbeeindruckt und gelassen baut der vordere Pneu mächtig negative Traktion auf und lässt sich punktgenau auf der Bremse gen Scheitel zirkeln.

Besonders schön: Verglichen mit dem V02, der etwas störrisch, fast schon schienenartig, in einer Bremsphase agiert und durch seine harte Karkasse mit spitzer Kontur etwas Feedback vermissen lässt, beschenkt der vordere V03 den Piloten mit einer ganzen Wagenladung an Feeling. Durch die geänderte Kontur wandert der Reifen nun spürbar am Asphalt und liefert seidenweiche Aussagen über seinen Gemütszustand. Dadurch steigt selbst bei heftigsten Bremsmanövern das Vertrauen in den Reifen – er kündigt vorne sein Limit piekfein an, und auch in Schräglage übermittelt er haarfein jedwede Bewegung an den Fahrer weiter. Für Cracks: Das V03 Vorderrad erinnert in seiner Nutzung etwas einem Pirelli Diablo, nur mit etwas weniger Bewegung. Er steht hier sprichwörtlich genau in der Mitte zwischen Bridgestone V02 und Pirelli Diablo.

Hinten selbiges Spiel: Beim harten Herausbeschleunigen geht der Slick sanft in einen Slide über, kündigt auch hier seine Haftungsgrenze frühzeitig an. Erst beim wirklich abartigen anreißen beginnt der hintere Pneu sich leicht aufzuschaukeln, doch auch hier wird bleibt der Pilot stets Herr der Sache. Einen dicken Pluspunkt sammelt der V03 auch in Schräglage ein: In langgezogenen Kehren mit tiefer Schräglage und Stützgas schenkt der V03 durch seine rundere Kontur viel Vertrauen – Linienkorrekturen verkommen zu einer leichten Übung. Kurzum: Hier spürt der Fahrer am besten das Zusammenspiel der zwei neuen Konturen, die zudem leicht höhere Schräglagen als bisher beim V02 zulassen.

Sprint-Mischung am Hinterrad

Ganz extrem wird dann der Wechsel auf die neue Sprint-Mischung am Hinterrad: Verglichen mit der Medium-Soft-Mischung scheint der Sprint in einen Topf voller Traktion gefallen sein. Irre, wie stabil der Sprint-Reifen zusammen mit dem V03-Vorderrad liegt und die monströse Power einer aktuellen Tausender in Vortrieb geniert. Gut eine halbe Sekunde schneller soll der Sprint verglichen mit der Medium-Soft-Mischung laut Bridgestone sein – dem schenken wir getrost Glauben.

Doch hier ein kurzer Reminder: Der Sprint ist wirklich nur dafür da, das maximal mögliche an Performance abzurufen. Konkret bedeutet das, dass der Sprint besonders für die wirklich schnelle Zunft gedacht ist. Und: der Reifen ist Pi mal Daumen – je nach Strecke und Fahrstil – nach zehn bis 15 Runden abgeraucht. Apropos abrauchen: Wie viele Runden verträgt der V03 als nicht Sprint-Mischung, hat sein Vorgänger für seine lange Haltbarkeit unter Racern beinahe schon Legendenstatus erreicht?

Mit der Medium-Soft-Mischung an der Front und Medium am Heck haben wir gut 60 Runden lang den Chang International Circuit umkreist. Verglichen mit einem normalen Trackday wären das in etwa neun Turn á 15 Minuten. Selbst in den letzten Zügen knickte die Performance kaum spürbar ein – der Reifen würde auf jeden Fall noch einige Runden überleben. An dieser Stelle jedoch ein weiterer Reminder: Die Haltbarkeit eines Slicks hängt von vielen Faktoren ab, wie Wetter, Fahrstil, Bike-Set-Up et cetera. Doch im Großen und Ganzen steht der V03 beim Thema Haltbarkeit dem V02 während des ersten Eindrucks in nichts nach. Wer schon jetzt nach dem neuen Renngummi von Bridgestone lechzt: ab Frühjahr 2026 wir der V03 erhältlich sein. Nur der 190er am Hinterrad wird erst 2027 folgen. Preise haben die Japaner bisher auch noch nicht veröffentlicht, sollten aber nur etwas höher dem eines V02 liegen.

Fazit