2017 fand der letzte MOTORRAD-Reifentest von (fast ausschließlich) Diagonalreifen für Youngtimer-Bikes statt. 2025 widmen wir uns den Dimensionen 110/70-17 und 130/70-17, passend für Einsteiger-Bikes wie Kawasaki ER-5, Suzuki GS 500 u. a., die heute echte Alteisen sind.
Bridgestone BT 46 löst BT 45 ab
Hier hat sich seit 2017 ein bisschen was auf dem Markt getan – der Bridgestone BT 46 löste den BT 45 ab und übernahm von ihm auch die Stellung des Platzhirschs im Segment. Continental und Dunlop haben nach wie vor den ContiGo! und den Arrowmax GT 601 im Portfolio, während Michelin mit dem bislang von uns ungetesteten Pilot Street Radial an den Start rollt. Dem einzigen "Radialen" in diesem Testfeld im Übrigen.
Youngtimer-Testfeld mit 17-Zoll
4 von 5 Testteilnehmer sind in Diagonal-Bauweise unterwegs, lediglich Michelin offeriert hier einen aufwendiger und damit teurer zu produzierenden Radialreifen. Die konzeptionellen Vorteile des Radialreifens liegen in seiner höheren Stabilität in allen Geschwindigkeitsbereichen, die Geradeauslauf, Zielgenauigkeit und Rückmeldung positiv beeinflussen.
Doch nur weil Modellbezeichnungen unverändert bleiben, heißt dies nicht, dass Reifen nicht in laufender Serie weiterentwickelt werden. Diese "stillen Verbesserungen" werden von den Herstellern oftmals auch auf Nachfrage nicht kommuniziert.
1. Platz: Michelin Pilot Street Radial
- Gewicht: vorn: 4,0 kg/hinten: 5,4 kg
- Produktionsdatum (DOT): vorn: 50/24; hinten: 07/25
- Herstellungsland: Thailand
- Bewertung Landstraße/Alltag (141 Punkte/sehr gut): Als einziger Radialreifen im Test überzeugt der Michelin mit außergewöhnlicher Handlichkeit – eine klare Empfehlung insbesondere für eher träge Motorräder. Das Einlenkverhalten ist extrem leichtgängig, dabei tritt weder ein Aufstellmoment beim Bremsen noch Shimmy auf. Seine Rückmeldung ist sehr gut. Bei höheren Schräglagen und entlastetem Lenker kippt die ER-5 mit dem Michelin leichter in tiefere Schräglagen ab. Die Haftung ist insgesamt sehr gut. Einziger Kritikpunkt: Bei Anregungen (z. B. Bodenwellen) zeigt sich die Geradeauslaufstabilität etwas nervöser als bei den besten Konkurrenten – ohne jedoch sicherheitsrelevant aufzufallen.
- Nasstest (95 Punkte/sehr gut): Der Reifen bietet die mit Abstand beste Haftung im Nassen. Besonders hervorzuheben ist der gutmütige und breit nutzbare Grenzbereich, der gar nicht voll ausgenutzt werden musste. Das Fahrverhalten ist sehr handlich, enge Linien lassen sich problemlos realisieren. Der Grip ist sowohl in Schräglage als auch beim Beschleunigen hervorragend.
- Fazit: Bestes, nahezu kritikloses Fahrverhalten im Trockenen sowie die mit Abstand schnellste Rundenzeit auf dem Nasshandling-Kurs krönen den radial aufgebauten Michelin zum Reifen der Stunde. Mit wirklich großem Punkteabstand! Souveräner kann ein Testsieg kaum ausfallen.
2. Platz: Bridgestone BT 46
- Gewicht: vorn: 3,7 kg/hinten: 5,9 kg
- Produktionsdatum (DOT): vorn: 54/24; hinten: 50/24
- Herstellungsland: Japan
- Bewertung Landstraße/Alltag (135 Punkte/sehr gut): Der Battlax BT46 kam 2020 auf den Markt und überzeugt mit sehr neutralem Fahrverhalten. Die Handlichkeit ist gut, wirkt jedoch gegenüber dem Michelin etwas träge. Das Einlenkverhalten ist neutral, lediglich in großer Schräglage zeigt sich ein leichtes Abkippen in noch tiefere Schräglagen. Dies wird jedoch durch schleifende Fußrasten der ER-5 verhindert – Haftung dafür wäre vorhanden. Beim Bremsen in Schräglage zeigt sich kein spürbares Aufstellmoment, Shimmy tritt praktisch nicht auf. Hervorzuheben ist die ausgezeichnete Geradeauslaufstabilität, selbst bei höherem Tempo oder auf schlechterem Fahrbahnbelag bleibt der BT 46 stabil.
- Nasstest (88 Punkte/gut): Der BT 46 überzeugt durch souveräne Haftung und präzises Fahrverhalten. Besonders in Schräglage bietet er eine stabile Kurvenfahrt und erlaubt auch engere Kurvenradien mit gutem Feedback. Die Traktion beim Beschleunigen ist satt, der Grenzbereich breit und gut einschätzbar, wodurch sich ein hohes Maß an Vertrauen aufbaut – speziell vorn.
- Fazit: Der BT 46 ist ein ausgewogener Reifen, der sowohl Nass also auch Trocken gut beherrscht. Dazu kredenzt er ein neutrales Fahrverhalten mit hervorragender Hochgeschwindigkeitsstabilität. Einziger Wermutstropfen: Er ist nicht der agilste Reifen im Testfeld.
3. Platz: Continental ContiGo!
- Gewicht: vorn: 3,9 kg/hinten: 5,5 kg
- Produktionsdatum (DOT): vorn: 27/24; hinten: 22/24
- Herstellungsland: Korea
- Bewertung Landstraße/Alltag (133 Punkte/gut): Seit 2017 treibt der ContiGo! sein Unwesen auf dem Markt. Die Handlichkeit liegt auf dem Niveau des Bridgestone BT46. Das Lenkverhalten ist neutral, die Geradeauslaufstabilität überzeugt auch bei Anregungen oder auf Spurrillen und über Bodenwellen. Im Vergleich zum Bridgestone bietet der Conti etwas weniger Rückmeldung, allerdings deutlich mehr als zum Beispiel der Mitas. In Schräglage verhält der Go! sich neutral und zeigt kein spürbares Aufstellmoment beim Bremsen. In maximaler Schräglage nimmt die Rückmeldung für die Haftung etwas ab und liegt insgesamt leicht unter dem BT 46 auf immer noch sehr gutem Niveau.
- Nasstest (88 Punkte/gut): Auch hier hält der Conti mit dem BT 46 mit. Sowohl in der Handlichkeit wie auch der Lenkpräzision sind beide Reifen vergleichbar. Besonders beim Beschleunigen überzeugt der ContiGo! mit satter Haftung. In größeren Schräglagen kann er trotz des gutmütigen Verhaltens im Grenzbereich nicht mit dem Radialreifen von Michelin mithalten.
- Fazit: Die Profilgestaltung des ContiGo! wirkt altbacken, was dazu führt, dass man ihm nichts zutraut. Doch sobald der Reifen rotiert, liefert er klasse ab! Haftung und Fahreigenschaften überzeugen bei Nässe wie im Trockenen, Stabilität und Komfort überzeugen ebenso.
4. Platz: Dunlop Arrowmax GT 601
- Gewicht: vorn: 4,1 kg/hinten: 5,1 kg
- Produktionsdatum (DOT): vorn: 47/24; hinten: 50/24
- Herstellungsland: (v.:) Indonesien; (h.:) Japan
- Bewertung Landstraße/Alltag (134 Punkte/gut): Der Arrowmax fährt auf der Kawasaki etwas weniger handlich als der Michelin, aber agiler als der Bridgestone und der Continental. Immer mit an Bord: sein angenehmes, wenn nicht ganz tadelloses Fahrverhalten. Er zeigt beim Bremsen in Schräglage zwar kein spürbares Aufstellmoment, doch hat er ganz leichte Tendenzen zu Shimmy. Bei mittleren Schräglagen ist das Fahrverhalten des Arrowmax sehr neutral, was gefällt. Doch das Einlenkverhalten des Dunlop ist im Vergleich mit dem Bridgestone etwas kippeliger, was man mögen oder tolerieren muss.
- Nasstest (84 Punkte/gut): Bei Nässe liefert der Dunlop einen guten Eindruck ab. In puncto Haftung bleibt er jedoch hinter Bridgestone, Continental und vor allem dem Michelin zurück. Die Rückmeldung für die verfügbare Haftung wirkt etwas verhaltener, was sich in einer tendenziell weiteren Linienwahl niederschlägt. Zudem kann es zu leichten, spontan auftretenden Rutschern kommen – vor allem in Schräglage.
- Fazit: Ein bisschen hier, ein bisschen da, schon läuft man der Konkurrenz etwas hinterher. Der Arrowmax ist nach wie vor ein guter Reifen, doch während Bridgestone und Continental noch in Reichweite sind, enteilt ihm der Michelin um Welten.
5. Platz: Mitas Sport Force +
- Gewicht: vorn: 4,1 kg/hinten: 5,3 kg
- Produktionsdatum (DOT): vorn: 01/25; hinten: 33/24
- Herstellungsland: Indien
- Bewertung Landstraße/Alltag (131 Punkte/gut): Der Mitas Sport Force zeigt sich sehr handlich und frei von Shimmy oder Aufstellmoment. In lang gezogenen Kurven mit mittlerer Schräglage neigt die Kawasaki bei losgelassenem Lenker leicht zum Einlenken in Richtung Kurveninnenseite. Die Haftung ist insgesamt ordentlich, allerdings fällt die Rückmeldung für die maximale Schräglage eher verhalten aus – besonders an der Front. Wenn die Rasten der ER-5 (früh!) aufsetzen, bleibt noch genügend Haftung, doch das Feedback bleibt zurückhaltend. Der sportlich designte und ausgelegte Reifen bietet eine gute Handlichkeit, jedoch bei reduzierter Eigendämpfung.
- Nasstest (70 Punkte/befriedigend): Der Mitas liefert insgesamt nur eine befriedigende Rückmeldung für die Haftung bei nasser Fahrbahn. Trotz der geringen Motorleistung der Kawasaki traten mehrfach spontan Rutscher am Hinterrad auf. Die Rückmeldung des Vorderreifens ist grundsätzlich okay, bleibt jedoch blass. Insbesondere vorn fehlt es spürbar an Gefühl.
- Fazit: Während der Mitas bei Trockenheit noch gut mithalten kann, verliert er bei Nässe deutlich. 10 Sekunden Rückstand auf den BT46, und 16 Sekunden zum Michelin– ein deutlicher Zeitverlust, der vor allem auf das fehlende Vertrauen des Fahrers in den Grip zurückzuführen ist.
Übertragbarkeit der Testergebnisse
Ehemalige Topseller wie die Honda CB 500 PC26 und PC32 stehen auf 110/80 und 130/80 17-Zöllern, ein Exot wie die Moto Guzzi Breva 750 auf 110/70 vorn und 130/80 hinten. Ein anderer Querschnitt kann sich, abhängig von der Geometrie des Fahrzeugs, etwas auf die Fahreigenschaften auswirken. Allerdings verändert sich ein Reifen aufgrund marginal anderer Abmessungen nicht grundsätzlich. So sind die hier durchgeführten Reifentests durchaus auch für diejenigen interessant, die Fahrzeuge mit etwas anderen Reifendimensionen umbereifen müssen.
Das Testmotorrad: Kawasaki ER-5 Twister
Wir setzten im Youngtimer-Motorradreifen-Test auf eine Kawasaki ER-5 Twister als Repräsentant der Budget-Bikes. Das Bike ist bestens bekannt, die Laufleistung mit 36.000 Kilometern ordentlich, aber nicht übermäßig hoch. Vor den Testfahrten wurde der ER-5 in der MOTORRAD-Werkstatt eine penible Durchsicht und große Inspektion gegönnt. Vor allem der Zustand der Lagerstellen sowie deren Spiel wurden überprüft, um sicherzustellen, dass eine faire und objektive Beurteilung der Eigenschaften der Reifen mit diesem Fahrzeug überhaupt möglich ist.
Die Sache mit den Reifenfreigaben
Bei Motorrädern mit Erstzulassung bis 2000, also Youngtimern wie Oldies, kann es heutzutage bei der Hauptuntersuchung zu Problemen kommen (wir berichteten in MOTORRAD Ausgabe 23/2024). Insbesondere, wenn im "Kfz-Schein", der Zulassungsbescheinigung Teil 1, eine explizite Reifenbindung eingetragen oder der Passus "Reifenfabrikatsbindung gemäß Betriebserlaubnis beachten" zu finden ist. Dies bedeutet im Klartext, dass nur die uralten Pellen, sofern sie überhaupt noch gebaut werden, zugelassen sind.
Einige Prüfstellen verweigern die neue Plakette, wenn mit der HU nicht ein aktueller Reifen eingetragen wird (erhebliche Mehrkosten!). Doch Obacht, dies ist nicht zwingend nötig. Man kann die lästige Reifenbindung nämlich austragen/streichen und durch den Passus "Herstellerbescheinigung der Reifenkombination ist mitzuführen" ersetzen lassen. Dann reicht es wieder, eine Reifenfreigabe dabei zu haben. Trifft man auf eine Prüfstelle, die diese Änderung nicht durchführen möchte, umdrehen und gehen! Es gibt genug Prüfer, die umsichtig sind und dies tun












