3 Flops an der Benda LFC 700: Daran scheitert der Super-Cruiser aus China

So fährt die Benda LFC 700 im ersten Test
Aller schlechten Dinge sind 3

Veröffentlicht am 20.07.2025

Niemand erwartete ein Handlingwunder. Die Benda LFC 700 führt die wohl extremsten Geometriedaten eines Serienmotorrads an und stand nie im Verdacht, gut zu fahren. Und das kann sie auch nicht. naja, so ganz stimmt das nicht. Eigentlich müsste es heißen: Die LFC 700 wird daran gehindert, deutlich besser fahren zu können.

Benda LFC 700 – extrem auf allen Ebenen

1,72 Meter, 20 Zentimeter und 31 Zentimeter sind Maße, die einem beim Motorrad-Fahrwerk als Dreigestirn selten unterkommen. Im Falle der Benda LFC 700 misst der Radstand 1.720 Millimeter und der Nachlauf 206 Millimeter. Zur Einordnung: Die heftigste Harley heißt Breakout und wirkt mit 1.650 Millimetern Radstand und 145 Millimetern Nachlauf im Vergleich zur Benda fast überhandlich.

Die fehlenden 31 Zentimeter bringt das Hinterrad der Benda als Breite mit in der Dimension 310/35 R 18. Also 70 Millimeter breiter als der 240er-Schlappen der Harley-Davidson Breakout. Ebenso breit und einzigartig bereift Benda vorn in der Dimension 130/70 R 19. Es scheint, als hätte Benda bei dieser Wahl einfach im Internet die breitesten Reifen für ein Motorrad gesucht – und gefunden.

Dazu ein Gewicht von 287 Kilogramm, das von einem knapp 700 Kubik großen Vierzylinder mit offiziellen 86 PS und 60 Nm, sagen wir, bewegt wird. Alles in allem: Die Benda LFC 700 geizt nicht mit Exotik und Extremen.

Im Grunde mutig. Einzig der Mut wird bisher nicht belohnt. Womit wir zu den 3 Gründen kommen, die die Benda leider zu einem unterdurchschnittlichen Motorrad degradieren.

ÜbrigensEinen Hinterradreifen für ein Motorrad in dieser Dimension gibt es auf der Welt von gerade einmal 2 Herstellern. Die Vorderraddimension wirft als Treffer eigentlich immer Motocross-Reifen aus – oder eben den Reifen der Benda. Es gibt ihn nur einmal auf der Welt.

Benda LFC 700 – Flop 1

Beide Reifen der Benda LFC 700 stellt weltexklusiv die Marke King Tyre her. Eine Marke, von der die meisten zuvor wohl nie hörten und hoffentlich kaum Kontakt haben werden. Zwar schon mit einiger Erfahrung gesegnet mit extremen Harleys und anderen Custombikes, stellt das Fahrverhalten der Benda den Autor auf die Probe. Woran nach vielem Grübeln die Reifen wohl die Hauptverantwortung tragen. Ein Indikator dafür: Der vordere Reifen der LFC in 130/ R 19 muss zwingend 2,9 bar Fülldruck haben. Alles darunter wird zur schier unkontrollierbaren Schaukelei.

Übrigens Weitere aktuelle Motorradmodelle, die einen Luftdruck vorn von 2,9 bar verlangen, sind die K 1600-Modelle von BMW, die bei 343 Kilo Gewicht starten.

Wer die Benda wie gewohnt mit Lenkimpuls am Lenker und leichtem Verlagern des Körpers in Schräglage bringen möchte, versagt. So gefahren klappt das Vorderrad hektisch ein, während das Hinterrad in Richtung Kurvenaußenrand drängt. Das Ergebnis ist ein ziemlich mitleiderregendes Gewackel auf einem Respekt einflößenden Kraftrad. Und das mit einem wirklich gut abgestimmten Fahrwerk. Gabel und Federbein sprechen für das Konzept der Benda LFC 700 gut bis sehr gut an und sind überraschend passend gedämpft.

Fahrwerk könnte mehr, wenn die Reifen es zuließen

Erst wer zuerst mit dem Fuß auf die breite Raste drückt und dann mit dem Impuls am Lenker eine Kurve einleitet, fährt ruhiger. Allerdings endet eine Fahrt mit Muskelkater im Oberschenkel, da dieser Druck konstant aufrechterhalten werden sollte, um die Benda LFC 700 dann überraschend behände selbst durch Wechselkurven zu bringen. So zeigt das Fahrwerk der LFC 700, dass es deutlich mehr könnte, wenn der Reifen es ließe.

Rat an Benda: Probeweise die breiten King Tyre gegen nur fast so breite Metzeler ersetzen: Den ME888 Ultra Marathon gibt es in 130/60 B 19 oder 120/70 ZR 19 ZR vorn und 300/35 R 18 hinten. Ebenso den Avon Cobra Chrome, der schon so manch Cruiser Kurven beibrachte.

Benda LFC 700 – Flop 2

Große Kritik aus dem Sattel muss die Abstimmung der Einspritzung einstecken, denn die ultraharte und heftige Gasanahme versaut einem jede Kurve. Selbst das Anfahren wird oftmals zum bockigen Ritt. Der Motor selbst ist wohl ein Klon des 650er-Vierers von Honda, ein passabler Antrieb. Er läuft recht ruhig, kribbelt erst ab 6.000/min deutlich, nimmt selbst bei niedrigen Touren gut das Gas an – wenn die Drosselklappen schon geöffnet sind – und hackt nicht unwirsch auf der Kette herum.
Ab 7.000/min wird er sehr lebendig und dreht, wenn gewünscht, recht zornig deutlich über 10.000/min.

Eigentlich gut, wenn da nicht diese ersten Millisekunden wären, in denen der Gaszug die Drosselklappen wohl zu weit öffnet und der Motor sofort reagiert. Was im Grunde ja nicht schlecht ist. Nur stellt sich die Benda LFC 700 durch die plötzliche Veränderung der Kraftverhältnisse aus der Schräglage schlagartig auf. Für einen großen Hersteller wie Benda dürfte es ein leichtes sein, dieses Problem in den Griff und aus dem Gasgriff zu bekommen.

Provisorium im Betrieb: Mit leicht geöffnetem Gas und angelegter Hinterradbremse die Benda LFC 700 stabilisieren, was uns zu Flop 3 führt.

Benda LFC 700 – Flop 3

Thema Cruiser und Hinterradbremse: Wem sind nicht schon die vergleichsweise großen Bremsscheiben und Zangen hinten an Cruisern und Konsorten aufgefallen? Und wer hat sich über die Dimension gewundert, die teils der Bremse vorn entspricht? Erklärung: Langer Randstand und niedriger Schwerpunkt erlauben es, sehr hohe Bremskräfte auf das Hinterrad zu übertragen. "Normale" Kräder entlasten beim Bremsen und durch die dynamische Radlastverteilung das Hinterrad schon sehr früh in der Bremsphase, was zum Blockieren führt oder zum frühen Regeln des ABS.

Die Benda LFC 700 bringt alles mit, um mit einer hohen Bremskraft hinten nicht nur Fahrdynamik, sondern auch Sicherheit zu gewinnen. Zwar sieht der kleine Sportsattel von Brembo mit 2 34er-Kolben an einer 260er-Scheibe süß aus, wirklich helfen beim Bremsen kann er nicht. Und damit sind auch die notwendigen Korrekturen in Schräglage nicht möglich, die andere Cruiser erlauben.

Eine größere, stärkere Bremse hinten könnte die Benda LFC 700 in ihrer Entwicklung zu einem besseren Motorrad wirklich gut gebrauchen.

Benda LFC 700 – eigentlich toll

Diese 3 Flops an der Benda LFC 700 ausgeklammert, beeindruckt sie in fast allen Lebenslagen. Mit keiner Maschine für 12.000 Euro wird jemand derart viel Aufmerksamkeit erregen und sich wie ein König fühlen. Zwar wirkt das überzogene Schwarz hier und da zu gut, doch die Basis aus Alu-Brücken-Rahmen und Alu-Schwinge und dem Stilmix aus Diavel und V-Max wirkt auf allen Ebenen.

Den Cruiser spielt die Benda LFC 700 überraschend gut, bietet sogar Komfort beim Fahren und Sitzen sowie eine zwar rudimentäre, aber anstandslose Elektronik. Hochwertig wirken die Verarbeitung und die hinterleuchteten Armaturen. Einzig schwankt die Lackierung von Bauteil zu Bauteil.

Der Preis ist zwar für eine 700er stolz, für ein Custombike ab Werk mit 310er- und hoffentlich bald 300er-Reifen hinten aber unschlagbar. Wenn jemand fragt: Was schenkt man einem Motorradfahrer, der schon alles hat, könnte man "Benda LFC 700" antworten.