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Energica-Vergleich mit Tesla: CEO will Konkurrenz

Energica vergleicht sich mit Tesla Energica-Chefin wünscht sich mehr Konkurrenz

In einem Interview hat Livia Cevolini, CEO von Energica, die Situation ihres Unternehmens mit der von Tesla vor einigen Jahren verglichen und wünscht sich mehr Konkurrenz.

Energica-Chefin wünscht sich mehr Konkurrenz Hersteller

Läuft bei Energica: Der Exklusiv-Vertrag für die MotoE ist bis Ende 2022 verlängert und die Italiener feiern gerade ein Investment von umgerechnet 11 Millionen Euro von der amerikanischen Gesellschaft Ideanomics. Außerdem konnte Energica in den ersten zwei Monaten 2021 genauso viele Motorräder verkaufen wie im gesamten Jahr 2019. Trotz dieser Erfolge fühlt sich Livia Cevolini, CEO von Energica derzeit etwas wie Tesla vor einigen Jahren: "(…), wenn du allein bist, dann hast du keinen Wettbewerb und keinen echten Markt. Wenn du beginnst Mitbewerber zu haben, dann hast du auch einen Markt und du kannst schneller wachsen.", sagte sie kürzlich in einem Interview.

Energica wie Tesla?

Ein Vergleich mit Tesla sorgt natürlich für Aufmerksamkeit. Im Falle von Energica als einer von nur zwei Herstellern, der ausschließlich Elektromotorräder baut und weltweit vertreibt, ist das nachvollziehbar. Schließlich war auch Tesla vor einigen Jahren der einzige Autohersteller, der ein zwar kleines, aber rein elektrisch angetriebenes Angebot hatte und ohne echte Wettbewerber am Markt war. Trotzdem hat Tesla Forschung und Entwicklung der Batterietechnik stetig weitergetrieben und ist dadurch heute Benchmark. Wie weit Energica in Sachen Forschung und Entwicklung ist, lässt sich trotz zuletzt sehr guter Testergebnisse in MOTORRAD noch nicht genau sagen. Trotzdem zeigt ein Blick weit hinter die Kulissen: Energica betreibt einen beachtlichen Aufwand. Besonders die Experimente in der Batterietechnik ringen selbst einem in dieser Technik promovierten Physiker Anerkennung ab.

Energica mit eigener Batterieentwicklung

Zum Modelljahr 2020 konnte Energica die Kapazität der drei erhältlichen Modelle um gut 50 Prozent auf 21,5 kWh steigern und dabei noch gut fünf Prozent Gewicht einsparen. Das ist unter anderem möglich, da die Entwicklung und Weiterentwicklung der Batterien im Hause selbst stattfinden. Aktuell werden die Akkus aus Zellen mit Nickel-Mangan-Cobalt (NMC) als Kathodenmaterial aufgebaut, da hier sich so hohe Energiedichte und viele Ladezyklen gut vereinen lassen. Trotzdem experimentieren die Ingenieure mit neuen Materialien für den chemischen Aufbau. Darunter mit Lithium Kobaltoxid (LCO), Lithium Eisenphosphat (LFP) oder Lithium Nickel Kobalt Aluminium Oxid (NCA). Als alternatives Kathodenmaterial sind diese neuen Mixturen für den Einsatz in einem Elektromotorrad entweder aus Gründen der Stabilität oder der Bauweise verfügbarer Zellen aktuell nicht umsetzbar. Als nächster großer Schritt gilt für Energica die auch in der Automobilindustrie erwartete Feststoff-Batterie.

Zellaufbau einzigartig

Energica setzt seit Anbeginn auf sogenannte Pouch-Zellen für den Aufbau der Batterien. Pouch-Zellen besitzen ein dünnes, leichtes Gehäuse aus dünnem Aluminiumblech, fast schon Folie. Dadurch vereinen sie den Vorteil einer hohen Wärmeleitfähigkeit, einfacheren Aufbaus durch weniger Teile, höherer Verformungstoleranz und einer gewissen Freiheit in der Gestaltung des eigentlichen Batteriegehäuses. Technisch gelten Pouch-Zellen als die Bauweise mit dem höchsten Potenzial bei der Energiedichte.

Im Gegensatz dazu setzt zum Beispiel Konkurrent Zero, wie auch viele Autobauer, auf prismatische Zellen. Deren Haut ist ebenfalls aus Aluminium, allerdings ist jede Zelle wie eine stabile Kassette aufgebau. Das limitiert die Anzahl an Zellen und so die potenzielle Energiedichte pro Batteriegehäuse, gibt aber eine hohe Widerstandskraft gegen mechanische Einflüsse. Vor diesem Hintergrund ist die Architektur von Energica für Zweiräder einzigartig.

Die einzelnen Pouch-Zellen kauft Energica zwar zu – nur logisch – gebaut werden die Batterien aber im Werk, was den hohen Anteil der Kosten für die Batterie am Fahrzeug ein Stück erklärt. Gut 40 Prozent des Preises stehen für den Stromspeicher, der allerdings für bis zu 1.200 Ladezyklen oder umgerechnet gut 200.000 Kilometer steht. Und selbst dann stehen immer noch 80% der ehemaligen Kapazität bereit. Verbrenner die solche Laufleistungen revisionslos packen sind selten.

Energica Ego Ribelle im Fahrbericht.
Elektro

Energica nicht ganz wie Tesla

Trotz der stetigen Weiterentwicklung der eigenen Technik hinkt der direkte Vergleich mit Tesla ein wenig: Tesla hat bereits ohne Konkurrenz das Model S sehr gut verkauft, konnte sich schnell am Markt etablieren, diesen durchdringen und so Druck ausüben auf die Verbrenner-Industrie. Stark unterstützt von deren eigenen Probleme mit Selbstzündern und der folgenden politischen Kehrtwende, die E-Mobilität in nie erahnter Konsequenz zu fördern. An diesem Punkt des Umdenkens ist die Motorrad-Branche noch nicht.

Trotzdem muss den Pionieren der lange Atem und der Wille die Elektromobilität hochwertig und sportlich auf zwei Räder zu stellen allerhöchst angerechnet werden: Eine eigene Weltmeisterschaft im Rahmen der Königsklasse MotoGP mit stetiger Entwicklung der Technik ist ein Schritt und Engagement, der von etablierten Herstellern vermisst wird. Beim Motorrad kann der Rennsport noch Labor sein und Energica nutzt diese Chance.

Wer ist Ideanomics?

Ideanomics Mobility ist ein Dienstleister, der gewerblichen Flottenbetreibern die Einführung von Elektrofahrzeugen erleichtert, indem Ideanomics mit seinem Geschäftsmodell "Sales to Financing to Charging" (S2F2C) Fahrzeugbeschaffung, Finanzierung und Leasing sowie Energiemanagementlösungen anbietet. Sprich: Es großen Firmen und Leasinggesellschaften einfacher machen, Elektroautos und so auch Motorräder flächendeckend in den Flottenbetrieb zu nehmen.

Konkurrenz willkommen

Auch vor dem Hintergrund der 11 Millionen Euro, die Investor Ideanomics investiert und damit 20 Prozent der Anteile hält, appelliert Cevolini förmlich an die Motorradindustrie die Elektromobilität auf zwei Rädern auch für den europäischen Markt zu adressieren und so über den Wettbewerb den Markt entstehen und wachsen zu lassen. Auf einem solchen will Energica seine Führungsrolle aber behalten und bestätigen, sagt sie weiter.

Die SR/F fühlt sich stabil und unaufgeregt an.
Elektro

Neben Energica, darf Zero Motorcycles – auch schon 15 Jahre dabei – nicht vergessen werden. Und der Rest? Honda hat gerade den Plan veröffentlicht ab 2040 keine Verbrenner im Auto mehr zu verkaufen und Kawasaki hält mit gelegentlichen Teasern das Bild der Endeavour EV aufrecht, flankiert von einigen Patentanmeldungen. Kleinere Hersteller wie Triumph arbeiten entweder an einem eigenen Premium-Konzept oder kehren wie Ducati der E-Mobilität erstmal den Rücken zu. Die Pierer Group als Mutter von KTM, Husqvarna und GasGas scheint hier differenzierter unterwegs zu sein und sieht die Elektromobilität hauptsächlich innerstädtisch als durchsetzungsfähig. Harley-Davidson ist mit seinem letzten Schritt einen besonderen gegangen: Die Company gründet auf Basis seine einzigen Elektromodells LiveWire eine ganz Firma unter diesem Namen, die dann nur Elektromotorrädern herstellen soll.

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Wenn, dann nur ein leistungsstarkes Elektromotorrad.
Ein Elektroroller für's Pendeln und den Stadtverkehr kann ich mir vorstellen.
Ein kleines, wendiges Elektromopped macht bestimmt Spaß.
Gar keins.

Fazit

Der Tesla-Vergleich hilft Energica nicht. Es ist viel wichtiger, sich auf die eigenen Stärken und Herausforderungen zu konzentrieren. Auf dem Weg in die Profitabilität brauchen die Italiener einen langen Atem, viel Geduld und vor allem weitere Investitionen. Unter Strich wirken all diese Vorzeichen bei Energica gesetzt und lassen hoffen die Mobilitätswende kann so per Zweirad mitgestaltet werden.

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