- 152 PS aus 1.247 cm³
- Kampfpreise für zwei Versionen
- Special mit dicker Ausstattung
- Fakten zur neuen Pan America 1250
- Ausstattung ohne Ende
- Fazit
Als Harleys CEO Jochen Zeitz bei seinem Amtsantritt Anfang 2020 das Thema "Rewire" und den Aufbruch in neue Welten ankündigt, ist die Konsequenz der Pan America 1250 als Adventure Bike unvorstellbar. Und doch betreten die Amerikaner jetzt Neuland: Harley-Davidson zeigt die Pan America 1250. Ob die neue Pan America der GS-Killer ist, den keiner von Harley erwartet hatte, wird sich bald zeigen. Die ersten Maschinen sind jetzt vom Band gelaufen.
152 PS aus 1.247 cm³
Mit der Pan America 1250 wagt sich Harley-Davidson ins Segment der großen Reiseenduros. Die Amerikaner kündigen sie als modernen Adventure-Tourer und ein Multitool für den harten Einsatz an. Herzstück der Pan America 1250 ist der neue flüssigkeitsgekühlte 60-Grad-V2 aus der Revolution Max-Motorenfamilie mit Trockensumpfschmierung, Vierventiltechnik und zwei obenliegenden Nockenwelle je Zylinder. Die mit Natrium gefüllten Ventile werden per Schlepphebel und einem hydraulischen Ventilspielausgleich angetrieben. Zudem verfügen die Nockenwellen über variable Steuerzeiten. Die Technik dazu arbeitet beim Start als Dekompressions-System.

Trotz V2 hat Harley dem Motor einen Hubzapfenversatz von 30 Grad gegeben, was die Zündfolge eines 90-Grad-V2 ergibt. Die Zylinder beschichtet Harley mit Nickel und Siliziumkarbid und fertigt die Ventil- und Primärantriebsdeckel aus einer Magnesiumlegierung. Die Kolben sind aus geschmiedetem Leichtmetall, Klopfsensoren können die Doppelzündung auf Benzin mit niedrigeren Oktanzahlen anpassen. Erstmals wird bei Harley das Triebwerk als mittragendes Teil konstruiert. Der Hubraum von 1.252 Kubik ergibt sich aus einer Bohrung von 105 Millimetern je Kolben, die einen Hub von 72 Millimetern zurücklegen. Kombiniert mit der hohen Verdichtung von 13:1 ergeben sich 152 PS bei 8.750 Touren sowie 128 Nm bei 6.750 Umdrehungen pro Minute. Damit würde sich die Harley zwischen einer BMW R1250 GS und der KTM 1290 Super Adventure S einsortieren.
Kampfpreise für zwei Versionen
In zwei Versionen bringt Harley-Davidson die Pan America an den Start. Schon die Basisversion kommt mit einem voll einstellbaren Fahrwerk mit 191 Millimetern Federweg vorn und hinten, Vierkolben-Doppelscheibenbremse von Brembo vorn mit 320er-Scheiben, fünf Fahrmodi, Kurven-ABS und schräglagensensibler Traktionskontrolle. Standesgemäß rollt sie auf Alu-Guss-Felgen mit Michelin Scorcher Adventure Reifen in den Dimensionen 120/70 R19 vorn und 170/60 R17 hinten. Mit 21,2 Litern Tankinhalt und 245 Kilo fahrfertig ist sie in Deutschland ab 15.995 Euro zu haben. Serienmäßig trägt sie schwarz, gegen Aufpreis von 270 Euro kommt die Pan America 1250 in einem braun-grauen Lack: River Rock Grey.

Special mit dicker Ausstattung
Für 2.000 Euro mehr rollt die Pan America 1250 Special aus dem Showroom. Sie bekommt beim Fahrwerk ein gehöriges Upgrade mit semiaktiven Komponenten von Showa, die für weitere 660 Euro Aufpreis um eine einstellbare Fahrwerkshöhe erweitert werden können. Das System senkt beim Anhalten das Fahrzeug ab für einen besseren Stand der Füße, nach dem Anfahren fährt es wieder in die optimale Fahrhöhe, je nach Zuladung und Einstellung der Federvorspannung. Harley verbaut das System als erster Motorradhersteller überhaupt. Die markige Lackierung in Baja Orange kostet 600 Euro Aufpreis, zwei weitere Varianten in Grau und Grün je 270 Euro. Alu-Drahtspeichenfelgen für schlauchlose Reifen können für 500 Euro on top geordert werden. Die Special protzt weiterhin mit zahlreichen Goodies und technischen Upgrades gegenüber der Standard: stabiler Motorschutz aus Alu, Schutzbügel, ein Lenkungsdämpfer, ein werkzeuglos einstellbares Bremspedal.
An die IMU zu Berechnung der Schräglage gebunden ist der Daymaker-LED-Scheinwerfer mit Kurvenlichtfunktion, bei dem je nach gemessener Schräglage bis zu drei Zusatz LED-Scheinwerfer den Kurvenradius ausleuchten. Das Fernlicht arbeitet dabei adaptiv mit – wird also gesteuert und nicht nur ein- oder ausgeschaltet. Diese ganzen Systeme wiegen aber: 12 Kilo mehr bringt die Special in der Grundausstattung auf die Waage. Mit 258 Kilo fahrfertig ist sie aber immer noch 10 Kilo leichter, als eine 1250 GS Adventure. Punkt für Harley.

Fakten zur neuen Pan America 1250
Trotz des niedrigen Gewichts der neuen Pan America 1250 fallen einige Abmessungen der Harley auf. Beispielsweise der unfassbare lange Nachlauf von 157 Millimetern, der mit 1.585 Millimetern Radstand einher geht. Das hat allerhöchstes Chopper-Niveau, auch wenn denen meist keine 191 Millimeter Federweg zur Verfügung stehen. Wie sich diese Geometrie anfühlt wird die Erstfahrt klären.
Interessant ist das neue 6,8-Zoll-TFT-Display im Cockpit, da Harley hier für die Special eine dynamische Kartennavigation als Ausstattung angibt. Wie offroad-tauglich das ist, wird einen Unterschied zur Konkurrenz aus München-Spandau, Mattighofen und Bologna machen.
Apropos Schräglage: Harley gibt den möglichen Schräglagenwinkel aus Tradition bei allein seinen Motorrädern an. Werte wie 42 Grad hat aber wohl noch kein Serien-Krad aus Milwaukee erreicht. MOTORRAD wird das nachmessen.
Ausstattung ohne Ende
Um die neue Pan America 1250 herum hat Harley direkt eine komplette Zubehörwelt gebaut. Darunter ein Set aus Aluminium-Koffern von SW-Motech aus Deutschland. 120 Liter Gepäck passen in das Dreier-Set mit Topcase. Verschiedene Sitzbänke mit unterschiedlichen Sitzhöhen sind ebenso im Programm, wie austauschbare Lenkerriser.

Für besten Sound stehen drei Versionen des Screamin'-Eagle-Street-Canon-Schalldämpfers aus Titan, Edelstahl und Karbon bereit. Ebenfalls im Angebot: ein High-Flow-Luftfilter zur einfacheren Reinigung nach dem Offroad-Einsatz. Ergänzt durch ein Hitzeschild, dass die Hitze vom Bein des Fahrers abhalten soll. Es passt an beide Varianten der Pan America und an den Originalauspuff. Anpassbaren Windschutz bieten gleich zwei Scheiben-Varianten. Jeweils Adventure-Windshield genannt, gibt es eine 11,4 Zentimeter kürzere Version oder eine 6,4 Zentimeter längere Variante im Tausch gegen die serienmäßige Scheibe.
Gemeinsam mit dem Bekleidungspezialisten Rev'it hat Harley-Davidson gleich zwei komplette Textil-Kollektionen aufgelegt. Die Jacke und Hose der Passage-Linie sind leichte Variante mit Membran und herausnehmbaren Thermofutter. Die Kollektion Grit ist für den ganzjährigen Einsatz auslegt: Mit herausnehmbarem Thermofutter und Membran können diese Stücke dem Wetter sehr gut angepasst werden. Natürlich kommen beide Linien mit Level-2-Protektoren, sind in Damen- und Herrenschnitten erhältlich und mit passenden Handschuhen und Stiefeln kombinierbar.

Dazu bietet Harley noch zwei verschiedene Helme an. Der Passage kommt als leichte Karbon-Variante, der Grit in Polycarbonat. Die klappbaren Adventure-Helme sind nachträglich mit dem Harley-Davidson-Boom-System kombinierbar.
Harley-Davidson gibt die Wartungsintervalle mit 8.000 Kilometern oder einmal jährlich an und gewährt in Deutschland vier Jahre Garantie. Ab Juni 2021 soll die neue Pan America 1250 im Handel stehen.
Fazit
Rein von den Zahlen her ist die Pan America die wohl außergewöhnlichste Harley bislang. Wenn die Pan America 1250 die Leistung und Möglichkeiten nur ansatzweise auf die Straße, ähh den Schotter bringt, dürften die Karten in diesem Segment neu gemischt werden.
Preislich ist die neue Offroad-Harley hochattraktiv, unterbietet sie doch die Platzhirsche mit viel Ausstattung um einige Euro.
Hoffen wir nur, Harley-Davidson bekommt die Pan America auch wirklich verkauft. Nicht im übertragenen Sinne, sondern am Point of Sale: Wie bekomme ich den BMW-Kunden in ein Harley-Geschäft? Ich bin gespannt.