Reiseenduro mit 175 PS und Automatik: KTM 1390 Super Adventures S Evo im Test

So fährt die KTM 1390 Super Adventure mit Automatik
Wenn die Modellpflege eskaliert

ArtikeldatumVeröffentlicht am 04.12.2025
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KTM stattet die neue 1390 Super Adventure S in der "Evo"-Variante mit dem automatisierten Schaltgetriebe AMT aus. Die erste KTM mit Automatik, ein Novum für die "Ready to Race"-Marke.

Während der Automat die Schlagzeilen bestimmen wird, ist die wahre Botschaft diese: Mit dem CamShift-Reaktor erreicht die Super Adventure einen beeindruckenden Reifegrad und baut ihre Rolle als bis unter den Tankdeckel mit Hightech vollgestopfter Technologieträger nebenbei weiter aus.

KTM 1390 Super Adventure S Evo

"Eigentlich handelt es sich ja nur um eine Modellpflege, aber die ist ziemlich eskaliert", trifft KTM bei der Präsentation den Nagel auf den Kopf. Dass die großen Super Adventure Modelle den CamShift-Motor mit variabler Nockenwellensteuerung und 1.350 Kubik bekommt, war ausgemachte Sache. Ebenfalls das automatisierte Schaltgetriebe AMT.

Schlussendlich hat KTM im Zuge dessen aber den Rahmen im Hinblick auf Torsionssteifigkeit und das elektronische Fahrwerk überarbeitet. Ein neues 8-Zoll-Touchscreen sowie Boschs neueste Iteration des Radar-Tempomaten (Serie bei "Evo"), kommen ebenfalls zum Einsatz. Neues Licht, ein überarbeitetes Windschild sowie ein breiterer Lenker komplettieren die wichtigsten Maßnahmen.

KTM Automatik – bestechend einfach

Das automatisierte Schaltgetriebe AMT in der neuen KTM 1390 Super Adventure S Evo kuppelt per Fliehkraftkupplung im Gegensatz zur Konkurrenz, die üblicherweise einen servogesteuerten Kupplung-Aktuator verwendet. Heißt: Du gibst Gas, die Drehzahl steigt, bei 1.900 Umdrehungen pro Minute wird sanft der Kraftschluss hergestellt, der Kupplungshebel entfällt. Ein bestechend einfaches System, sehr nah an dem, was die Firma Rekluse zum Nachrüsten in Sportenduros anbietet. Die Schaltwalze hängt ebenfalls an einem Elektromotor, der rechnergesteuert und je nach Fahrmodus früher oder später die Gänge wechselt.

Schalten und walten mit Hand und Fuß

Manuelle Eingriffe in das Getriebe der KTM 1390 Super Adventure S Evo sind per Daumenwippe am linken Lenkerende oder per elektronischem Fußhebel möglich. Oder durch das Schließen des Gasgriffs zum Herunterschalten. Alle Optionen sind sinnvoll, wenn man gern untertourig fährt, denn selbst im "Comfort"-Setting hält die Elektronik die Gänge einen Tick länger, als man selbst tun würde. "Street" als Schalteinstellung verstärkt diesen Eindruck, und bei "Sport" wird es hektisch. Der käme nur infrage, wenn der Kittel fürchterlich brennt. Zur Reiseenduro passt "Comfort" am besten und gelegentlich früheres Hochschalten, am liebsten per Daumenwippe.

Andere nutzen den Fußtaster, der in seiner Haptik nicht unähnlich einem klassischen Ganghebel konstruiert ist. MOTORRAD hat ihn nach zwei Minuten AMT-licher Testfahrt für den Rest des Tages vergessen. Es gäbe auch einen manuellen Modus, in dem die Gangwechsel vom Fahrer zu bestimmen sind, was für engagiertere Fahrten wieder das gewohnte Maß an fahrerischer Kontrolle herstellt.

Schnell, aber nicht ruckfrei

Die Schaltvorgänge selbst sind in beide Richtungen schnell und geschmeidig, je nach Drehzahl- und Lastzustand aber nicht völlig ruckfrei, im Grunde wie beim manuellen Getriebe mit Quickshifter.

Logisch, denn beim AMT wird der Kraftschluss über Drosselklappe, Einspritzung und Zündung gelöst und nicht über die Kupplung. Unter dem Strich stellt AMT einen Mittelweg dar zwischen einem sehr auf Komfort ausgelegten, schweren und teuren Doppelkupplungsgetriebe, wie es bei Honda verwendet wird, und den vollständig automatisierten Schaltgetrieben von Yamaha und BMW.

Der Komfortgewinn ist nicht von der Hand zu weisen, gemütliche Kilometerfresser-Naturen sollten dem eine Probefahrt geben. Auch die Sportlichkeit der 1390 leidet kaum, das aus unserer Sicht etwas zu lange halten der Gänge nimmt der 1390 aber ein wenig von ihrer Zen-mäßigen Souveränität.

175 PS und 145 Nm aus 1.350 Kubik

War noch was? Ach ja, die neue KTM 1390 Super Adventure S Evo ist nicht nur ihr Getriebe. Im Schweinsgalopp: Der Camshift-Motor läuft noch geschmeidiger als der 1290er und hat mit 175 PS und 145 Nm zwar Kraft ohne Ende, ist charakterlich aber vor allem ein sanfter Gigant. Angenehm weich und leise beim Gondeln, abartiger Druck beim Kurbeln – unter dem Strich der vielseitigste Antrieb im Segment.

Feinschliff im Fahrwerk, Ergonomie und Komfort

Der neue, zeitgeistig breite Lenker steht der neuen KTM 1390 Super Adventure S Evo gut. Das stark überarbeitete Windschild und dessen verbesserte Verstellung gefällt besonders, denn es geht dahinter recht verwirbelungsfrei zu. Der Fahrkomfort konnte gesteigert werden, dank verbessertem Ansprechen der Gabel. Und die insgesamt weiter in Richtung Komfort justierte Fahrwerksabstimmung steht der 1390 Super Adventure ausgezeichnet.

Sport weiter zu spüren

Ein belastbares Fahrdynamik-Gerüst bleibt der neuen KTM 1390 Super Adventure S Evo freilich erhalten. Wer aus dem "Street"-Fahrmodus beispielsweise in "Sport" oder "Rally" bzw. "Custom" – beide gegen Aufpreis – wechselt, spürt das ABS, Gasannahme, Regelverhalten der Traktionskontrolle, E-Fahrwerk in Dämpfung und Vorspannung sowie Anti-Dive, AMT-Schaltstrategie und alle anderen gekoppelten Eigenschaften sich maßgeblich ändern.

Fazit