Royal Enfield Himalayan 450 (2024) im 1. Fahrtest

Royal Enfield Himalayan 450 (2024) im Fahrbericht
Neue Royal Enfield Himalayan 450 - erster Fahrtest

Veröffentlicht am 10.11.2023

Passend zum Namen fand die Fahrpräsentation für die Royal Enfield Himalayan 450 in Manali statt, am Fuße des Himalaya-Gebirges. Und was ist das? Ein Nummernschild an der Front des Bikes? Ja, das ist in Indien Pflicht. Aber die Maschine wirkt wegen ihrer ausladenden Sturzbügel um den Tank schon ungewöhnlich, da fällt das zierliche Nummernschild kaum auf. Besagte Sturzbügel sind gleichzeitig auch Packtaschenhalter. Für alle, die auf Weltreise gehen wollen.

Seit ihrem Debüt 2016 wurden rund 200.000 Stück der Vorgängerin verkauft. Während die 411er in Indien weiterhin im Programm bleibt, wird man sich das in Europa bestimmt genau überlegen. Denn die neue Royal Enfield Himalayan 450 ist ihr nicht nur einen, sondern viele Schritte voraus.

Royal Enfield Himalayan 450 wassergekühlt mit 40 PS

Das beginnt schon mit dem Motor. Der exakt 452 Kubik starke Antrieb mit der internen Bezeichnung Sherpa ist Royal Enfields erster wassergekühlter Motor überhaupt. Um die versprochene Leistung zu generieren, setzt man auf Vierventil-Technik, höhere Verdichtung und hat den Motor kurzhubig ausgelegt, damit er höher drehen kann. 40 PS bei 8.000/min. 40 Nm Drehmoment bei 5.500/min. Sechsgang-Getriebe.

Sitzhöhen zwischen 805 und 845 mm möglich

Das Arrangement aus Lenkerbreite, Kröpfung, Fußrasten und Sitzbank passt hervorragend für alle zwischen 1,60 und 1,90 Meter Größe. Die Sitzhöhe ist variabel. Entweder 805 oder 825 mm mit der niedrigen Sitzbank, oder 825 und 845 mit der Standard-Sitzbank. Wer die zusätzlich erhältliche und durchgehende Rally-Sitzbank ordert, kommt auf 865 mm Sitzhöhe. Wie bereits bei der Vorgängerin kann das Cockpit mit dem Smartphone verbunden werden und dient gleichzeitig als Navi, nur ist das Display in diesem Fall mit 4 Zoll größer.

Fahrtest der Royal Enfield Himalayan 450 am Rohtang-Pass

Für den ersten Fahrtest der Royal Enfield Himalayan 450 geht es in Richtung des 3.978 Meter hohen Rohtang-Passes. Vorsichtiges Kennenlernen ist angesagt. Es ist frühmorgens, die Temperatur lag nachts nur knapp über dem Gefrierpunkt und schwankt jetzt am Tag um 10 Grad. Der Asphaltfarbe ist gescheckt. Ölflecken. Kühlwasser. Kuhpisse. Hundekot. Reifenabrieb. Dazu passend der recht harte Reifen des indischen Herstellers Ceat, der seine Bezeichnung "SuperGripp" erst noch unter Beweis stellen muss. Immerhin wirken die Dimensionen mit 90/90-21 und 140/80-17 im Vergleich zu denen der kleinen Schwester erwachsener.

Im Nu findet man sich mit den Knöpfen an der Royal Enfield Himalayan 450 zurecht. Per kleinem Joystick an der linken Lenkerarmatur gelingt es, flink durch das Menü zu klicken – es gibt kaum Informationen, die das Display nicht anzeigen kann. Über einen gut erreichbaren Schalter auf der rechten Seite kann zwischen den beiden Fahrmodi gewechselt werden, denn Gasbefehle werden per Drive-by-Wire übertragen. Selbstverständlich lässt sich das ABS für Offroad-Ausflüge individuell abschalten.

Mehrere tausend Höhenmeter reduzieren Leistung

Die ersten engen Kehren werden zur Herausforderung, denn die Spreizung zwischen dem ersten und zweiten Gang ist recht groß. Laut Tacho läuft die Royal Enfield Himalayan 450 ganze 55 km/h im ersten Gang. Und obwohl die von Royal Enfield präsentierte Leistungskurve eine fette Mitte signalisiert hat, fühlt sich der Motor eher an wie ein 350er aus den 1980er-Jahren. Unten kommt sie nicht aus dem Quark, oben wirkt sie schlaff. Stirnrunzeln. Oha, im falschen Modus gefahren!

Schnell in den Performance-Modus gewechselt, sieht die Sache schon ganz anders aus. Trotzdem nimmt man der Royal Enfield Himalayan 450 die versprochenen 40 PS nicht ab. Des Rätsels Lösung erklärt ein Techniker vor Ort: Pro Tausend Höhenmeter verliert ein Verbrenner-Motor rund 10 Prozent seiner Leistung. Um es vorwegzunehmen: Die Geländefotos entstanden auf einem Geröllweg in 3.520 Höhenmetern. Wenn die Formel stimmt, schickte die 450er dann wohl nur noch 26 PS ans Hinterrad.

198 Kilo Gewicht, 200 Kilo Zuladung, 17-Liter-Tank

Umrahmt von schneebedeckten Gipfeln glitzert die Royal Enfield Himalayan 450 unter smogfreiem Himmel. Sämtliche Beleuchtung setzt auf LED-Technik. Und wie alle Enfields wirkt auch die Himalayan 450 grundsolide. Der Heckrahmen ist im Gegensatz zur Vorgängerin angeschraubt, seitlich am Rahmen sind stabile Haltegriffe geschweißt, der stählerne Gepäckträger ist Serie und kann es bestimmt mit einem Sack Zement aufnehmen. Neben einem Seitenständer ist sogar ein stabiler Hauptständer montiert.

Mit fast 200 kg Zuladung legt die Royal Enfield Himalayan 450 ganz schön vor, das ist viel in dieser Klasse. Und weil alles so grundsolide ausgelegt ist, kommt man mit vollem 17-Liter-Tank auf rund 198 kg Gesamtgewicht – nicht sehr wenig für einen 450er-Einzylinder. Die Federelemente liefert Showa. Während die 43er-USD-Gabel nicht einstellbar ist, kann hinten die Federbasis der Belastung angepasst werden. Die komplette Auspuffanlage ist aus Edelstahl gefertigt und mündet in einen schmalen und zierlichen Schalldämpfer.

Gutes Handling und beeindruckende Stabilität

Auf dem Weg Richtung Gipfel müssen ständig Lkw und Pkw überholt werden. Hier überrascht die Royal Enfield Himalayan 450 mit gutem Handling und beeindruckender Stabilität. Auch auf die Bremse ist Verlass. Eine 320er-Scheibe vorn sorgt in Verbindung mit einer 270er hinten für ausreichend Fläche, in die sich die Bremssättel verbeißen können. Und das tun sie hervorragend, eben Himalaya-erprobt.

Damit das Überholen zügig gelingt, sollten mindestens 4.000/min anliegen. Darunter tuckert der Motor brav vor sich hin, darüber erwacht er aus dem Winterschlaf und zeigt seine Muckis. Es ist schwer, eine vernünftige Einschätzung über die Tourentauglichkeit des Antriebs abzugeben, denn die gegebenen Umstände – ständiges Überholen bergauf und bergab sowie die große Höhe – verzerren ein objektives Testurteil.

Doch obwohl der Antrieb kurzhubiger und drehfreudiger als der traktorige, stampfige 411er ist, wirkt er weit entfernt von einem Hochleistungs-Aggregat, das immer nur gedreht werden möchte. Der Sherpa 450 ruht in sich, verstrahlt Ausgeglichenheit und läuft vergleichsweise vibrationsarm. Gut für Fahrer und Fahrerin. Auf den wenigen längeren Geraden standen rund 100 km/h bei 5.000/min im sechsten Gang auf dem Display. Entspanntes Reisen sollte also möglich sein.

Mit der Royal Enfield Himalayan 450 ins Gelände

Und das auch gern abseits des Asphaltes. Denn die Royal Enfield Himalayan 450 verfügt über 200 mm Federweg vorn wie hinten und mit 230 mm auch über ausreichend Bodenfreiheit. Wer es nicht motocrossig angehen lassen möchte, dem reicht das vergleichsweise softe Fahrwerkssetup offroad völlig aus. Endureskes, zügiges Wandern ist das Metier der neuen Himalayan. Allerdings wäre hier eine etwas kürzere Übersetzung von Vorteil, was sich bestimmt schnell ändern lässt.

30 Zubehörteile sind bereits ab Werk für die Royal Enfield Himalayan 450 verfügbar, für Weltreisende steht sogar schon ein Alu-Koffersystem zur Verfügung. Der sparsame Verbrauch von 3,6 Liter und sogar darunter, ermöglicht Etappen bis zu 500 Kilometer ohne tanken.

Wie viel kostet die Royal Enfield Himalayan 450?

Die Royal Enfield Himalayan 450 soll im Frühjahr 2024 auf den Markt rollen. Der Preis soll geringfügig über dem der Himalayan 411 liegen. Die ist in Deutschland bisher ab 5.490 Euro erhältlich. Weniger war noch nie so viel mehr als in diesem Fall.

In welchen Farben gibt es die Royal Enfield Himalayan 450?

In der Basis-Variante ist die Royal Enfield Himalayan 450 Sandbraun ("Kaza Brown"), weitere Farben sind "Slate Himalayan Salt", "Slate Poppy Blue", "Kamet White", "Hanle Black".