Das war ein echtes Hin und Her: erst Custombikes, dann Erlkönige, dann Konzepte. Allen gemein: mehr Hubraum für den bekannten Twin. Konkret wurde das alles Ende 2025, als auf der EICMA gleich 2 Modelle mit einem größeren Motor standen. Greifbar dann auf dem hauseigenen Motoverse in Goa, wo unsere Kollegen von Rushlane die GT 750 ausgiebig betrachten konnten.
Mehr Hubraum dringend nötig
Als Royal Enfield 2017 den neuen Twin mit Luftkühlung und 648 Kubik präsentierte, war er mit seinen 48 PS und 52 Nm Drehmoment in guter Gesellschaft. Triumph mit der Street Twin oder Moto Guzzi mit der V7 bestellten das gleiche Feld mit ähnlich geringer Leistung. Mittlerweile haben die beiden zuletzt Genannten 18 PS draufgelegt und stapfen dem indischen Zweitopf auf und davon.
Spätestens mit dem Update der Moto Guzzi V7 für 2025 mit neuer Gabel, Doppelscheibenbremse und 67 PS wurde es Zeit, dass Royal Enfield dem Motor mehr Hubraum beschert.
Zweimal 750 Kubik "bestätigt"
Mit den ersten Hinweisen auf mehr Hubraum im Twin von Royal Enfield reichten die Gerüchte von 750 bis 900 Kubik. Und daran war Royal Enfield selbst nicht unschuldig, denn das fast hauseigene Konzeptbike Wildfire klang nach um die 200 Kubik mehr Hubraum, was 848 Kubik ergäbe. Weiterhin war aus den USA ein Hubraum-Kit von S&S Cycles mit 865 Kubik bekannt. Final werden es – im ersten Schritt – um die 750 Kubik. Allerdings verfolgt Royal Enfield wohl 2 Ansätze, den Motor zu bauen.
GT 750 und eine Enduro
Auf der EICMA stand nicht nur die GT 750, sondern noch eine Enduro. Beide mit dem offensichtlich größerem Motor, jedoch mit eindeutigem Unterschied. In der GT 750 versorgen 2 Einspritzkanäle den Zylinderkopf mit Frischgas. In der Enduro, der erwarteten Himalayan 750, war am Konzept nur eine Einspritzung verbaut, die über eine Y-Brücke die beiden Zylinder begast. Entsprechend könnten die Charaktere der Motoren sehr unterschiedlich sein. In der GT 750 mit einem Fokus auf etwas mehr Nennleistung, die durch kurze Ansaugkanäle begünstigt ist. Und in der Enduro könnten die längeren Ansaugwege das Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen erhöhen.
Mehr Hubraum, weniger Abgas
Nun erfindet Royal Enfield den Twin mit mehr Hubraum nicht neu, sondern bohrt den bekannten auf. Im technischen Sinne des Wortes, denn auf die ersten Blicke fallen die größeren Zylinder nebst Zylinderkopf auf: Beides baut breiter als bisher. Und bei gleichem Hub der Kurbelwelle kann das Drehmoment im Grunde linear steigen. 10 Prozent mehr Hubraum erzeugen im Grunde 10 Prozent mehr Drehmoment, ohne dabei im gleichen Verhältnis mehr zu verbrauchen, da der größere Motor das gleiche Drehmoment bei weniger Drehzahl und Last erzeugen kann. Im realen Betrieb hält das den Anstieg des Verbrauchs und der Emissionen im Zaum, wenn Royal Enfield das möchte.
Viel mehr Leistung verlangt viel mehr Kühlung
Beiden Konzepten gemein: Die Ölkühlung scheint deutlich überarbeitet und mit mehr Kühlleistung versehen. Die dürfte nötig sein, um zum einen den größeren Zylinderkopf besser zu kühlen. Und zum anderen, um die erwartete Mehrleistung zu kompensieren. Selbst wenn der Anstieg von Leistung und Drehmoment linear zum Plus an Hubraum verlief, wären die 750er-Modelle weiterhin zu schwach für vergleichbare Konzepte von Moto Guzzi.
Basierend auf dem aktuellen 650er-Motor mit 48 PS und 52 Nm ergäben sich bei 15 Prozent mehr Hubraum auf 748 Kubik "nur" 55 PS und 59 Nm, was weit entfernt wäre vom 853er-V2 in der Moto Guzzi V7 mit 67 PS und 80 Nm. Und noch viel weiter weg von der V85 TT mit 80 PS und 80 Nm im Kontext der Himalayan 750.
Sprich: Neben dem Hubraum müsste Royal Enfield im gesamten Motor auf die Suche nach Leistung gehen, um im Segment der ölgekühlten Retro-Bikes einigermaßen auf den Stand zu kommen.
Royal Enfield 750 schon 2026?
Für das Modelljahr 2026 dürfte es mit den 750er-Modellen von Royal Enfield bereits zu spät sein. Als Neuheit stellte Enfield im Herbst erst einmal nur die 650 Classic vor. Doch im Verlauf 2026 könnten die größeren Motoren bereits Einzug halten. Doch ob als Ersatz für 650er oder nach oben hin ergänzend, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, ob das alle aktuellen Twin-Enfields beträfe oder vorerst nur ein Segment. Es bleibt spannend.












