100 Jahre BMW Motorrad: Die 1980er-Jahre

100 Jahre BMW Motorrad
BMW Motorrad in den 1980er-Jahren

Veröffentlicht am 16.09.2023

Reiseenduros sind heute die Cashcow vieler Hersteller, allen voran BMW. Geländegängig und doch reisetauglich. Wer hätte das damals ahnen können, als im Herbst 1980 die R 80 G/S – für Gelände und Straße – vorgestellt wurde? Die Mannen aus der Entwicklungsabteilung hatten sich in den Jahren zuvor aus vorhandenem Material Geräte gebaut, um zackig in die Alpen zu kommen, um dort etwa die Dolomiten-Rallye mitzufahren, veranstaltet von einem gewissen Helmut Dähne. Und der erste Designer der G/S, Hans A. Muth, hatte ein Motorrad für jüngeres Publikum eingefordert. Das Ergebnis dieser Aktivitäten legte den Grundstein für eine ziemlich beispiellose Erfolgsgeschichte. Mit unter 200 kg war die erste G/S aus heutiger Sicht leicht, damals erschien sie vielen fürs Gelände als viel zu schwer.

Renovierte Zweiventiler ab 1985

Auch ins übrige, zum Herbst 1980 noch ziemlich übersichtliche BMW-Programm flossen zahlreiche in der G/S erstmals aufgetauchte Änderungen ein, die der Fahrbarkeit guttaten, wie Brembo-Festsattelbremsen mit dem Hauptbremszylinder am Lenker, Plattenluftfilter, Nikasil-beschichtete Zylinderlaufbahnen oder reduzierte Motor-Schwungmasse. Nur die Einarmschwinge blieb zunächst der G/S vorbehalten. Die R 100 CS trug ein letztes Mal die ikonische S-Verkleidung auf, die Hans A. Muth für die R 90 S kreiert hatte. Aber es half nichts, dieses wohl erste Retro-Modell überhaupt wurde nur 4.038-mal gebaut, erzielte von den vier 1000er-Boxern die geringsten Verkaufszahlen.

1984 war Schluss mit den hochverdichteten 70-PS-Boxern, ab 1985 brummten die renovierten Zweiventiler im Monolever-Chassis wie bei der G/S. Ein kleineres Vorderrad, nun 18 Zoll, sorgte mit für die deutlich gesteigerte Handlichkeit, hinzu kamen die reduzierte Verdichtung für nun bleifreies Normalbenzin sowie eine leisere Auspuffanlage mit großem Sammler. Zunächst nur als 650er und 800er lieferbar, schob BMW auf vielfachen Wunsch (auch aus Japan!) die R 100 als RT und RS nach, mit den kleinen 32-mm-Vergasern der 800er und auf 60 PS reduzierter Leistung.

BMW K 100 und BMW K 75

Doch der Boxer hatte hausintern Konkurrenz bekommen. 1983 kam die K 100 auf die Straße, zunächst als nacktes Basismodell, bald als verkleidete RS und 1984 auch als Tourer K 100 RT. Längs eingebauter Reihenvierzylinder, Einspritzanlage, natürlich mit Kardan. Satte 90 PS lagen an und machten den alten Boxer auf einen Schlag zum Fanartikel. Zumindest bei den Straßenmodellen. Denn weder Sound noch Optik der "fliegenden Ziegelsteine" (flying bricks) konnten Traditionalisten überzeugen. Das war auch gar nicht so schlimm, man wollte ja neue Kunden in München. So schoben die Bayern 1985 die dreizylindrige K 75 nach, ein international erfolgreiches und beliebtes Motorrad – nur nicht in Deutschland. Im Land der unlimitierten Autobahnen wollten die BMW-Käufer die volle Leistung, der ebenso haltbare wie ganz im Gegensatz zum großen Bruder fast vibrationsfreie 750er stand ewig im Schatten des 1000ers. Beide offerieren indes faszinierende Ingenieurskunst, etwa die tragende Motor-Getriebe-Einheit mit darin gelagerter Einarm-Hinterradschwinge samt Kardan, überspannt von einem Rest an Rahmen.

Über alle Modellreihen gibt es eine Gemeinsamkeit: Es waren alles "Gummikühe", so tituliert wegen ihres Aufstellmoments durch den Kardanantrieb. Beim Gasgeben heben sie sich hinten aus den Federn, beim Übergang in den Schiebebetrieb sacken sie wieder zusammen. Der Paralever, sprich eine Momentabstützung der Hinterradschwinge, machte dem ab 1988 in der R 80 GS und der neuen R 100 GS erstmals ein Ende. Der "/" zwischen dem"G" und dem "S" entfiel künftig ebenso wie der berüchtigte "Fahrstuhleffekt". Die GS hatte zehn Kilogramm an Gewicht zugelegt, war aber auch stabiler geworden, auch dank der Marzocchi-Gabel. Und länger, was Gepäck- und Soziusplatz zugutekam, auch die Sitzbank ging jetzt als bequem durch. Die R 100 GS mauserte sich zur bestverkauften BMW dieser Tage und eroberte die Pisten der Welt. Der Mythos nahm seinen Lauf.

Vierventiltechnik in Großserie und ABS

Nächste Kandidaten für den Einbau des Paralever waren natürlich die K-Modelle. Zur Saison 1989 war es so weit, und zur Präsentation offerierte BMW die vollverschalte K1. Neben dem Paralever debütierten hier gleich noch zwei Novitäten: Die Vierventiltechnik in BMW-Großserie und das ABS. Anders als bei anderen ABS-Pionieren wie Suzuki und Yamaha blieb es ab 1990 dauerhaft im Angebot. Alle drei Technik-Features eroberten auch erst ab 1990 die anderen K-Modelle. Die K1 brach mit manchen BMW-Tugenden, allen voran der Tourentauglichkeit. Am Heck gab es nur zwei fest montierte Handschuhfächer, das Softgepäck-System blockierte den Soziusplatz. Umbauten machten bald von sich reden, etwa die Adaption des K100-Hecks, um Koffer montieren zu können. Und mit dem komplett eingepackten Vorderrad konnten sich bis zum Schluss wenige so recht anfreunden.

Fun-Fact am Rande: Im Rahmen der Entwicklung der K-Modelle lernte BMW 1983 wohl erstmals die Hebelgesetze kennen und wendete die segensreiche Entdeckung gleich beim Hauptständer an. Die Monolever-Boxer folgten 1985, die GS ab dem Paralever-Modell 1988. Von nun an gings bergauf, die Grundlagen der 80er-Jahre – neue Motoren, mehr Modellvielfalt und Technikoffensive – sollten in den 90ern dann so richtig Wirkung zeigen.