Wasserstoff ist als Kraftstoff für Fahrzeuge auf zwei Rädern in der Praxis noch schwieriger einzusetzen als für größere Fahrzeuge auf vier Rädern. Knackpunkt ist der Tank für den Wasserstoff, konkret dessen möglichst sichere, dichte und obendrein gekühlte Unterbringung. Zudem gilt es, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen: Soll der Wasserstoff in einem konventionellen Motor verbrannt werden, oder soll er in einer Brennstoffzelle elektrische Energie für einen elektrischen Antrieb erzeugen? Vor allem Kawasaki, aber auch Yamaha, Suzuki und Honda entwickeln Konzepte mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren. BMW und der indische Partner TVS entwickeln in Richtung Brennstoffzelle. Wobei die Hersteller nicht alle Entwicklungen offenlegen und sich wahrscheinlich alle Optionen offenhalten.
Brennstoffzellen-Motorrad Hydrocycle
Am 1. Februar 2024 stellte das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) das Forschungsprojekt namens Hydrocycle vor. Dabei handelt es sich um ein Wasserstoff-Motorrad mit Brennstoffzelle, an dessen Entwicklung sowohl Forschungseinrichtungen als auch private, produzierende Unternehmen beteiligt sind.
Deutsch-tschechisches Konsortium mit dem Fraunhofer-Institut IWU
Das deutsch-tschechische Konsortium besteht neben dem in Chemnitz ansässigen Fraunhofer-Institut IWU aus folgenden Partnern: WätaS Wärmetauscher Sachsen GmbH (Olbernhau), 1to1design (Prag), Czech Technical University (CVUT, Prag) und UJV Rez (Husinec). Initialisierender Hintergrund für das Projekt und die Zusammenarbeit war angeblich ein "Förderaufruf für gemeinsame tschechisch-sächsische Verbundprojekte im Bereich nachhaltiger Mobilität und Verkehrssysteme für Personen und Güter". Dazu erklärt das Fraunhofer-Institut IWU: "Hydrocycle zahlt auf die Wasserstoff-Strategie der Europäischen Union ein. Die EU-Vorgaben sehen ab 2030 für Wasserstoff aus erneuerbaren Energien auch im Verkehrssektor eine tragende Rolle vor, damit die EU bis 2050 klimaneutral wird."
Wasserstoff als Treibstoff für Motorräder
Die größte technische Herausforderung beim Hydrocycle-Projekt beschreibt das Fraunhofer-Institut IWU so: "Wenn ein Kilogramm Wasserstoff beim Pkw (rund) 100 Kilometer Reichweite erlaubt, findet ein H2-Tank für den elektrischen Antrieb auch im begrenzten Bauraum eines Motorrads Platz. Wesentlich anspruchsvoller ist es, in der Rahmenkonstruktion ein komplettes Brennstoffzellen-System unterzubringen, das an Bord für die Umwandlung des Wasserstoffs in elektrische Energie benötigt wird."
Hydrocycle soll 2025 fahren
Zum selbstgesetzten Zeitrahmen für das Forschungsprojekt kündigt das Fraunhofer-Institut IWU an: "Bis Ende 2025 wird ein fahrfähiges Motorrad als Demonstrator aufgebaut, der den strengen europäischen Zulassungsnormen und Zertifizierungsvorschriften gerecht wird." Technische Eckdaten zu Leistung, Reichweite oder Gewicht des Hydrocycle liegen bisher nicht vor.
Die Mobilität der Zukunft
Um die Industrialisierung, also die Entwicklung eines Serienfahrzeugs, geht es hierbei nicht, das stellt das Fraunhofer-Institut IWU klar und zeigt dennoch potenzielle sowie konkrete Vorteile eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs mit zwei Rädern auf: "Das Wasserstoff-Bike soll als Inspiration für die Mobilität der Zukunft dienen. Aufgrund seiner Agilität und Kompaktheit ist das Zweirad für innerstädtische Lieferdienste und Paketzusteller interessant. Es ermöglicht eine CO2-neutrale Mobilität und trägt zur Reduktion von Lärmemissionen bei. Der Vorteil gegenüber batterieelektrischen Lösungen liegt in der höheren Reichweite bei gleichzeitig kürzeren Tankzeiten."
Arbeitsteilung beim Projekt Hydrocycle
Die Zuständigkeiten der am Projekt Hydrocycle beteiligten Institute und Firmen sind klar geregelt: Die Partner aus Tschechien arbeiten an der Fahrzeug-Entwicklung, dabei geht es um die Bereiche Fahrzeug-Aufbau, Ergonomie und "Packaging" (Unterbringung der Technik im verfügbaren Bauraum). Die deutschen Projekt-Partner konzentrieren sich auf den Antriebsstrang. Dazu entwickelt die Firma WätaS Wärmetauscher Sachsen eine neue Generation eines sogenannten Brennstoffzellen-Stack.
Zudem unterstützt das Fraunhofer-Institut IWU mit der "Referenzfabrik.H2" die Entwicklung neuer Fertigungstechnologien und die Verbesserung der Stack-Funktionalitäten. Das Chemnitzer Institut ist obendrein für die Dimensionierung sowie die mögliche Skalierung des Systems verantwortlich. Außerdem soll das Fraunhofer-Insitut IWU als Schnittstelle zwischen den Entwicklungsbereichen vermitteln.