Ein Jethelm für über 300 Euro? Vor einigen Jahren noch undenkbar, heute fast schon normal. Der Jethelm-Marktanteil liegt zwar je nach Anbieter nur zwischen 10 und 15 Prozent, doch die verteilen sich auf die unterschiedlichsten Modelle. Die Bandbreite reicht vom puristischen Oldie "ohne alles" bis zur vollausgestatteten, mit Kommunikationssystem bestückten Luxus-Murmel.
Der Wechsel von der immerhin 19 Jahre gültigen Prüfnorm ECE-R 22.05 zur ECE-R 22.06 war für MOTORRAD Grund genug, Jethelme ausführlich zu testen. Im Test gibt es folgende zwei Kategorien:
- "Klassiker" (Vorgabe: alte "Pilotenform", ggf. Sonnenblende als einziges Ausstattungs-Extra)
- "High End": eine offene Kategorie, in der alles antreten durfte, was kein "Klassiker" war
Top 3 High-End-Jethelme im Detail
Top 3 Klassik Jethelme im Detail
So hat MOTORRAD getestet
Beide Kategorien wurden zum Teil unterschiedlich getestet und bei der Bepunktung auch unterschiedlich gewertet. Mit einem offenen "Klassiker" ist es z. B. wenig zielführend, eine Dichtigkeitsprüfung zu machen. Und was bei den Klassikern als "niedriges Geräuschniveau" bewertet wurde, konnte bei den High-Endern durchaus unter "relativ laut" laufen. Also beim direkten Punkte-Vergleichen bitte nur kategorieweise vorgehen.
Die Praxiserprobung erfolgte artgerecht im sommerlichen Genussmodus: In Dithmarschen wurde eine BMW R nineT Scrambler bei Geschwindigkeiten zwischen 80 und "etwas" über 100 km/h bewegt, während in NRW eine Moto Guzzi Breva das gleiche Programm absolvierte. Dabei protokollierten die Tester Eindrücke zu Passform, Tragekomfort, Handhabung, Akustik und Aerodynamik.

Neue ECE-R 22.06-Norm
Das Laborprogramm beim TÜV Rheinland in Köln folgte der neuen ECE-R 22.06-Norm mit verschärften Prüfkriterien. Besonders die neue Rotationsprüfung und erweiterte Schlagdämpfungstests stellten die Hersteller vor Herausforderungen. Im Schuberth-Windkanal in Magdeburg wurden Geräuschmessungen bei 100 km/h durchgeführt, während der Klimaprüfstand die Dichtigkeit der High-End-Modelle mit Vollvisier testete.

Die Bewertung erfolgte in sechs Kategorien: Passform/Tragekomfort (25 Punkte), Fahrpraxis/Handhabung (20 Punkte), Akustik (10 Punkte), Ausstattung/Verarbeitung (15 Punkte), Gewicht (5 Punkte) und Schlagdämpfung/Rotation (25 Punkte). Zusätzlich konnten bis zu fünf Bonuspunkte für ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vergeben werden.
High-End-Jethelme im Überblick
Klassische Jethelme im Überblick
Die neue ECE-R 22.06 Norm
Nach 19 Jahren Gültigkeit wurde die Prüfnorm ECE-R 22.05 durch die verschärfte ECE-R 22.06 abgelöst. Die wichtigsten Änderungen: die Einführung der Rotationsprüfung, neue Prüfpunkte und Tests aus verschiedenen Fallhöhen (Low Energy mit 6,0 m/s und High Energy mit 8,2 m/s).
Besonders die seitlichen Prüfpunkte auf der Helmschale stellen eine Herausforderung dar. Ein weiterer kritischer Punkt ist der Abstreiftest, bei dem nun nicht nur das Abstreifen nach vorn, sondern auch nach hinten geprüft wird. Die allermeisten 06er-Jethelme sind komplette Neukonstruktionen, da die Anforderungen sich dermaßen geändert haben, dass es für 05er-Helme kaum möglich wäre, die neue Norm zu bestehen.
Mit den aktuellen Materialien ist eine schlankere Helmform laut TÜV-Experten wohl nicht mehr möglich. Dies erklärt, warum aktuelle 06er-Jethelme im Wangenbereich deutlich üppiger ausfallen und nach oben mehr auftragen – der sogenannte "Kalimero-Look".
Der Coolness-Test
Unabhängig von Laborwerten und Fahrpraxis-Erfahrungen geht es bei Jethelmen auch darum, möglichst gut auszusehen. MOTORRAD besuchte daher das Team von Harley-Davidson Hannover für einen subjektiven Coolness-Test. Die Urteile der Profis, die täglich mit "cooler" Kundschaft zu tun haben:
Matthias (56): "Der Simpson und der Shoei J-Cruise 3 sind echt cool, Nolan N21 (Rollerhelm!) und Bogotto (zu kurz, wie ein Fahrradhelm) gehen gar nicht." Kai (54): "Der Shoei J.O2 ist cool. Warum? Weil es ein Shoei ist! Der O'Neal auch, weil er kein doofes Rollervisier hat." Marcel (25): "Die beiden LS2 sind meine Favoriten, die haben ein schön cleanes Design." Tarek (18): "Der Nishua ist cool, null Schnickschnack. Der LS2 OF603 mit Carbon-Optik ebenfalls."
Bei der Gruppendiskussion einigt man sich: Ein cooler Jethelm muss möglichst schlank bauen und darf vor allem nicht so hoch sein. Schwarz und Grau sind als Farbe okay, zu viel Neon und Grafik-Dekor sind No-Gos.
Favoriten der Redaktion
Andreas Roschko

Der Jungredakteur hat wieder (s)einen total eigenen Kopf und favorisiert Modelle, die bei den Kollegen eher unter "ferner liefen" geführt werden.

Der MOTORRAD-Fachmann für Hightech-Zubehör schätzt bei Helmen ausgefallene Detaillösungen, knallige Graphics sowie ein tolles Finish.
Robert Glück

Keine Experimente! Unser Reifentest-Profi weiß, was er an japanischer Markenware hat. Nishua und Germot sind zusätzlich seine "Sieger der Herzen".

War klar: Der leiseste Helm liegt beim schwerhörigen Senior wieder vorn. Und warum LS2? "Passt farblich zu meiner Harley in Deadwood Green Denim!"
FAQ - Nützliches Wissen rund um Jethelme
Jethelme schützen das Gehirn genauso effektiv wie Integralhelme, da sie die kritischen Bereiche des Schädels abdecken. Sie bieten jedoch keinen Schutz für Kinn und Gesicht, was bei Stürzen zu Verletzungen in diesen Bereichen führen kann.
Wichtig sind Passform, ECE-R 22.06-Zulassung, Verarbeitung und je nach Einsatz auch Ausstattung wie Sonnenblende oder Kommunikationssystem-Vorbereitung.
Jethelme punkten bei der aktiven Sicherheit durch bessere Belüftung, größeres Sichtfeld, bessere Wahrnehmung von Umgebungsgeräuschen und das freie Gefühl beim Fahren. Sie eignen sich besonders für entspannte Fahrten und als Sommerhelm.