Für Custombike-Profi Christian Moretti ist es das erste Elektro-Projekt. Bisher hatte der Italiener sich mit außergewöhnlichen Umbauten diverser Motorradklassiker aus Europa, Japan und den USA, bevorzugt mit großvolumigen luftgekühlten Triebwerken, einen Namen gemacht. Apropos Namen: Christian firmiert in erster Linie unter Plan B Motorcycles und ist damit längst international bekannt geworden. Seine Werkstatt befindet sich in Laveno-Mombello, schön gelegen am Lago Maggiore.
Erste Elektro-Transformation
Dort ist nun erstmals ein Motorrad ohne verrippte Zylinder und ohne Benzingeruch verwandelt worden: eine Zero FX, Baujahr 2019. Vom Auftraggeber gewünscht war ein kleines, leichtes und dementsprechend flinkes Fahrzeug, ein "moderner Cafe Racer" – mit elektrischem Antrieb. Von den Eckdaten her erschien Christian die Zero FX als Basis bestens geeignet: nur rund 130 Kilogramm Masse, über 100 Nm Drehmoment, 33 Kilowatt (44 PS) Spitzenleistung sowie knapp 140 km/h Höchstgeschwindigkeit. Dass es sich bei der FX um eine Enduro handelt, störte ihn nicht. Ganz im Gegenteil, sagt er: "Ich liebe es, das ursprüngliche Konzept radikal zu verändern."
Von der Enduro zum kompakten Renner
Erste Maßnahmen betrafen das Rahmenheck, von dem für diesen Zweck nicht viel übernommen wurde. Dann wurden natürlich die Enduro-Räder entfernt und durch 17-Zoll-Räder von Grimeca ersetzt, bereift mit haftfreudigen Supermoto-Gummis. Mit eigens aus Aluminium-Vollmaterial gefrästen Gabelbrücken wurde eine 50er-Upside-down-Telegabel von Marzocchi adaptiert, mit gezielten Effekten auf die Fahrwerksgeometrie und sogar mit einem radialen Lenkungsdämpfer an der oberen Brücke. An den passend gefrästen Gabelfüßen sind zwei Sechskolben-Bremszangen von Beringer montiert, die mit proportional umso größer erscheinenden 340er-Bremsscheiben kombiniert worden sind. Als wäre das nicht eh schon ziemlich "Overkill" für das extrem leichte Bike, sind die Scheiben aus Keramik, werden eigentlich im Rennsport eingesetzt und kommen aus dem Hause Brilotech. An der formschönen originalen Hinterradschwinge federt und dämpft nun ein voll einstellbares Teil von Gears Racing. Zudem ergibt sich mit den weit vorn positionierten Lenkstummeln eine betont vorderradorientierte Sitzposition mitsamt entsprechender Schwerpunktverschiebung. Insgesamt ist dieses Package erstaunlich nahe an den Rennmaschinen der Moto3-Weltmeisterschaft.
Elemente aus der Luftfahrt
Statt einer bunten Kunststoffverkleidung hat die Zero Blackbird eine handgedengelte Verschalung aus Aluminiumblech. Von Paint Republic Vignale wurde eine dunkle Speziallackierung aufgebracht, die im Sonnenlicht leicht transparent wird. Dann sind die originellen Details umso besser zu erkennen. Etwa die beweglichen seitlichen "Landeklappen", die beim Einschalten und beim Bremsen aktiviert werden. Unten, integriert im Bugspoiler, sind zwei Ventilatoren eingebaut, die ebenfalls situationsabhängig angesteuert werden. Je mehr am "Gasgriff" gedreht wird, desto schneller drehen sie sich. Einerseits passt das zum Kühlbedarf des Elektromotors sowie der Akkuzellen, andererseits entsteht dabei auch dynamisierter, ansatzweise düsenjetähnlicher Sound. An den zahlreichen Schaltern im Cockpit können die Funktionen jedoch abgeschaltet werden, um den auch akustisch unauffälligen Tarnkappenmodus zu aktivieren. Im Sichtbereich des Fahrers sind einige weitere Spielereien zu finden: ein Fluglagenmesser, der am Boden immerhin auf die Kurvenschräglagen anspricht, und ein kleiner Bildschirm zur Infrarotkamera im Heck. Die Verkleidungsform ist abgeleitet von der legendären Lockheed SR-71 Blackbird. Deren größte Vorteile waren indes die extremen Flughöhen sowie die abartigen Geschwindigkeiten bis über Mach 3, also jenseits 3000 km/h. Auf zwei Räder lässt sich das natürlich nur bedingt übertragen.