BMW R 1300 GS gegen R 1250 GS: Ist die neue GS besser?

BMW R 1300 GS und R 1250 GS im Vergleich
Alles neu und besser an der Boxer-GS?

Veröffentlicht am 03.10.2023

Ist wirklich alles neu an der neuen Boxer-GS? Prinzipiell bleibt das erfolgreiche Konzept unverändert, und das ist gut so. Doch die technischen Fortschritte für Motor, Fahrwerk, Elektronik und Ausstattung der BMW R 1300 GS sind beachtlich. Konkret sichtbar werden die vielen großen und kleinen Änderungen beim direkten Vergleich mit der Vorgängerin, der R 1250 GS .

Neuer Boxer-Motor: Evolution von 1250 auf 1300

Mit dem Boxer-Evolutionsschritt für den BMW-Jahrgang 2024 und zuerst für die R 1300 GS wächst der Hubraum weiter, von zuletzt 1.254 auf genau 1.300 Kubik. Die runde Zahl ergibt sich mit jeweils 106,5 Millimeter großen Zylinderbohrungen und Kolben sowie mit 73 Millimeter Kolbenhub. Gegenüber dem 1250er wächst die Bohrung um 4 Millimeter, der Hub wird 3 Millimeter kürzer. So dreht der weiterhin luft-wassergekühlte Zweizylinder bis 9.000/min.

Von 136 auf 145 PS

Seine Spitzenleistung, 145,5 PS (107 kW), erreicht der 1300er-Boxer bereits bei 7.750/min. Bei gleicher Nenndrehzahl sind das fast 10 PS mehr, als die R 1250 GS zu bieten hat. Das maximale Drehmoment, 149 Nm und damit 6 Nm mehr, liegt 250/min höher, bei 6.500/min an. Wobei der Durchzug laut BMW im gesamten Drehzahlbereich nochmals spürbar stärker geworden sein soll, besonders im praxisrelevanten Bereich zwischen 3.600/min und 7.800/min, wo angeblich stets mehr als 130 Nm zur Verfügung stehen.

Weiterhin mit Shift Cam

Proportional haben die BMW-Techniker die Ventildurchmesser angepasst: Die jeweils 2 Einlassventile pro Zylinder sind von 40 auf 44 Millimeter gewachsen, die jeweils 2 Auslassventile von 34 auf 35,6 Millimeter. Zudem haben sie nochmals die Verdichtung erhöht, von 12,5:1 auf 13,3:1. Übernommen worden ist das inzwischen bewährte Shift Cam mit 2 drehzahl- und lastabhängig umgeschalteten Einlassnockenprofilen für Teillast und Volllast. Im Teillastbereich unterscheiden sich zudem die Nocken für die jeweils 2 Einlassventile, diese Phasenverschiebung sorgt beim einströmenden Gemisch für einen Drall und ausgeprägte Verwirbelung im Brennraum.

Boxer mit gleichbleibend geringem Spritverbrauch

So nimmt die Verbrennungseffizienz weiter zu, der Spritverbrauch wird weiter optimiert. Nach Werksangaben bleibt der Spritverbrauch trotz gestiegener Performance gleich wie beim 1250er-Boxer. Nahezu gleich jedenfalls: Nach WMTC-Norm nennt BMW für die R 1250 GS 4,75 Liter, für die R 1300 GS 4,8 Liter pro 100 Kilometer. Trotz allem Feintuning und vergrößerter Bohrung genügt dafür jeweils eine zentrale Zündkerze, kombiniert mit Klopfsensoren.

Luft-wassergekühlter Boxer mit optischer Symmetrie

Eine Umbaumaßnahme, die von außen zu sehen ist, zumindest indirekt: BMW hat die Nockenwellenantriebe nun für jede Seite einzeln am Zylinder platziert. Beim linken Zylinder, der in Fahrtrichtung nach wie vor wenige Zentimeter vor dem rechten Zylinder liegt, hubzapfenbedingt, läuft die Steuerkette für den dohc-Kopf hinter dem Zylinder, beim gegenüberliegenden rechten Zylinder davor. Das gleicht die Asymmetrie in der Draufsicht aus. Wie gehabt, umströmt Kühlflüssigkeit gezielt die Zylinderköpfe und partiell die Zylinder, während weiterhin auch der Fahrtwind zur Kühlung genutzt wird – denn dafür ist und bleibt der Boxer prädestiniert.

1300er-Boxer mit ausgleichend rotierenden Wellen

Eine separate Ausgleichswelle hat der 1300er-Boxer offenbar nicht mehr, stattdessen sind ausgleichende Gewichte an der Kurbelwelle und am Stromgenerator (Lichtmaschine) platziert. Mit insgesamt einer Welle weniger im Antriebsstrang ändert sich, dem Vernehmen nach, die Rotationsrichtung der Kurbelwelle. Wobei das einst boxertypische Kippmoment bei Lastwechseln schon für den wassergekühlten 1200er ab 2013 weitgehend ausgeglichen und somit eliminiert worden war, auch mit der gegenläufig rotierenden Mehrscheiben-Ölbadkupplung.

BMW R 1300 GS mit Getriebe unter dem Motor

Beim Getriebe ändert sich die Einbauposition: Die 6-Gang-Schaltbox liegt jetzt unter und nicht mehr hinter dem Motor. Das reduziert die Baulänge des Boxers und senkt das Gewicht. Laut BMW ist der 1300er-Boxer 3,9 Kilogramm leichter als der 1250er, am kompletten Antriebsstrang konnten angeblich sogar insgesamt 6,5 Kilogramm eingespart werden. Der nahezu gewichtsneutrale Schaltassistent bleibt Sonderausstattung. Übrigens liefert weiterhin die japanische Firma Musashi das Getriebe. Nach Rückruf und Software-Update der R 1250 GS wegen vereinzelt gebrochener Getriebeeingangswellen ist für die R 1300 GS angeblich nicht nur die Software entsprechend angepasst, sondern auch die Getriebe-Hardware verstärkt worden.

Standgeräusch von 88 auf 90 Dezibel

Die neue Abgasanlage für die R 1300 GS ist weiterhin mit elektronischer Klappensteuerung bestückt, soll jedoch tendenziell leiser abgestimmt sein – trotz kleinerem Endschalldämpfer. Allerdings ist das – wenig aussagekräftige – Standgeräusch von zuletzt 88 auf 90 dB(A) leicht gestiegen.

Fahrwerk rundum neu für die BMW R 1300 GS

Evolution, gewissermaßen sogar Revolution hat am bewährten Fahrwerk der Boxer-GS stattgefunden. Zwar bleibt es prinzipiell bei Telelever vorn und Paralever hinten, doch dazwischen und in den Details hat sich einiges geändert. Den Stahl-Gitterrohrrahmen der R 1250 GS ersetzt BMW bei der R 1300 GS mit einem Hauptrahmen aus Stahl-Blechschalen, mit weiterhin mittragendem Motor, und mit einem angeschraubten Heckrahmen aus Aluminium-Druckguss.

Evo Telelever vorn

Zum Evo Telelever wird die BMW-typische Vorderradführung mit diversen Upgrades. Von 37 auf 45 Millimeter Durchmesser sind die Gleitrohre verstärkt worden, und das Kugelgelenk an der unteren Gabelbrücke hat eine zusätzliche Rollenlagerung verpasst bekommen – für geringere Losbrechkräfte und somit feinere Lenkpräzision. Nicht mehr beweglich in Tonnenlagern, sondern starr steckt die Gabel in der oberen Gabelbrücke. Damit der Lenker die Kippbewegungen vom Telelever beim Ein- und Ausfedern nicht mitmacht, ist die Lenkerklemmung mit einem flexiblen Edelstahl-Element versehen worden.

Evo Paralever hinten

Ebenfalls auf Lenkpräzision und Stabilität zielen die Optimierungsmaßnahmen an der um einige Zentimeter verlängerten, einarmigen Aluminium-Hinterradschwinge, die nun Evo Paralever heißt. Vor allem steckt hier erstmals eine durchgehende Schwingenachse an der Lagerung zwischen den Aufnahmepunkten am Rahmen. Zudem sind die Kreuzgelenke am Kardan vergrößert und deren Knickwinkel verkleinert worden, um die Strapazen fürs Material zu reduzieren.

Neue GS noch stabiler und schneller

Bei unveränderten Federwegen (190 Millimeter vorn, 200 Millimeter hinten) sowie ebenfalls gleichbleibenden Rad- und Reifenformaten (120/70-19 vorn, 170/60-17 hinten) haben sich wesentliche Eckdaten der Fahrwerksgeometrie nur geringfügig verändert: Mit 63,8 statt 64,3 Grad ist der Lenkkopfwinkel um ein halbes Grad flacher, mit 1.518 statt 1.514 Millimeter ist der Radstand 4 Millimeter länger. Signifikant länger fällt indes der Nachlauf der R 1300 GS aus, mit 112 Millimeter (R 1250 GS: 100,6 mm). Das soll ebenfalls auf die Stabilität einzahlen, und auch ein Lenkungsdämpfer ist weiterhin ab Werk an Bord. Wobei die Höchstgeschwindigkeit lediglich von 219 auf 225 km/h gestiegen ist.

Auf Dynamic ESA folgt DSA

ZF Sachs liefert die Federbeine für vorn und hinten, und aus der bisherigen Sonderausstattung Dynamic ESA ist das neue DSA geworden. Beim DSA handelt es sich weiterhin um ein semi-aktives Fahrwerk mit elektronisch gesteuerter Dämpfung und automatischem Beladungsausgleich, neu ist die variable Federrate (-steifigkeit), ermöglicht mit zusätzlichen Federn in den Ausgleichbehältern. Optional ist zudem die adaptive Höhenregelung im Stand oder bei langsamer Fahrt, mit der die R 1300 GS um 30 Millimeter abgesenkt werden kann. Wie schon bisher bietet BMW für die neue 1300er-GS diverse Sitzpolster, Lenker und Fußrasten zur Auswahl an.

Federbeine von ZF Sachs, Bremsen wieder von Brembo

Nachdem es bei der R 1250 GS wiederholt Probleme mit undichten Bremszangen von Zulieferer Hayes gegeben hat, liefert künftig wieder Brembo die beiden radial angeschraubten Vierkolbenzangen vorn sowie die Doppelkolbenzange hinten. Von 305 auf 310 Millimeter Durchmesser ist die Doppelscheibe vorn gewachsen, von 276 auf 285 Millimeter die Scheibe hinten. Zudem neu ist die technisch konsequente Umstellung des schräglagenoptimierten ABS von teilintegral auf vollintegral. Während bei der R 1250 GS der Handbremshebel auf beide Räder und der Fußbremshebel nur aufs Hinterrad wirkt, bremst das Vollintegral-System der R 1300 GS grundsätzlich immer vorn und hinten – mit situationsabhängig optimal verteilten Bremskräften.

BMW R 1300 GS mit geänderter Ausstattung 12 Kilo leichter

Insgesamt 12 Kilogramm leichter als die R 1250 GS ist die R 1300 GS laut BMW, jeweils mit Grundausstattung und zu 90 Prozent befülltem Benzintank. Hierfür lautet die Werksangabe nun 237 statt 249 Kilogramm. Unverändert bleibt das zulässige Gesamtgewicht bei 465 Kilogramm. Wobei der Alu-Tank der 1300er nicht mehr 20, sondern nur noch 19 Liter fasst. Außerdem ist der Hauptständer nicht mehr in der Grundausstattung enthalten, und auch das schlanke Heck ist modular konzipiert. Neuer Standard ist dafür die leichte Lithium-Ionen-Batterie.

Heizbare Griffe und Keyless-System als neuer Standard

Zudem ist die Grundausstattung um heizbare Griffe, Funkschlüssel-System Keyless Ride, Motor-Schleppmomentregelung MSR, Reifenluftdruck-Kontrollsystem RDC und Tempomat DCC samt Bremsfunktion erweitert worden. Am TFT-Farbmonitor mit integrierter Connectivity, von der R 1250 GS bekannt, sind für die R 1300 GS lediglich einzelne Anzeigefunktionen angepasst worden. Sitzheizung bietet BMW weiterhin optional an.

Symmetrischer Matrix-LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht

Stark verändert – und symmetrisch – sieht indes das "Schnabel-Gesicht" der BMW R 1300 GS aus. Um den neuen Matrix-LED-Scheinwerfer herum sind X-förmig Tagfahrlicht-Elemente angeordnet. Für die weiterhin als Sonderausstattung angebotene Funktion adaptives Kurvenlicht werden sie schräglagenabhängig zugeschaltet. Der bisherige, aufwendige Schwenkmechanismus entfällt. Die vorderen LED-Blinker sind in den Handprotektoren integriert, am Heck bleibt es bei den LED-Blinkern mitsamt Rückleuchten-Funktion.

Elektrisch einstellbarer Windschild, Radar-Systeme, Smartphone-Fach

Neue Sonderausstattung ist der – erstmals bei der GS – elektrisch einstellbare Windschild. Und der "Riding Assistant", bei dem es sich um ein Paket aus radarbasierten Assistenzsystemen handelt: Abstandstempomat ACC, Frontkollisionswarnung FCW und Spurwechselwarnung (SWW) mit Totwinkel-Warnleuchten in den Rückspiegeln. Neuer Standard sind indes die 4 Fahrmodi Eco, Rain, Road und Enduro, erweiterbar um Enduro Pro, Dynamic und Dynamic Pro. Jede R 1300 GS bekommt ab Werk ein Smartphone-Fach mit Anschlüssen für USB und 12 Volt.

Grund-Preis für die Boxer-GS steigt auf 19.100 Euro

Von zuletzt ab 18.300 Euro für die BMW R 1250 GS steigt der Preis für die BMW R 1300 GS um 800 Euro auf ab 19.100 Euro – allerdings mit den genannten Änderungen bei der Grundausstattung. Die 1250er ist bereits aus dem Neufahrzeug-Angebot verschwunden, die 1300er soll ab 4. November 2023 ausgeliefert werden. Noch für einige Monate bleibt die Modellvariante R 1250 GS Adventure im Angebot, bevor sie dann ebenfalls von ihrer Nachfolgerin ersetzt wird. Hier die Daten der R 1300 GS und der R 1250 GS im direkten Vergleich: