Wer auf der EICMA 2018 den Stand von Kumpan Electric besuchte, stand vor einer leeren Ausstellungsfläche. Der Roller-Gigant Piaggio behauptete, Kumpan Electric würde das Design der Vespa nachahmen, stellte Strafanzeige und ließ von der italienischen Finanzpolizei den Stand von Kumpan Electric leerräumen. Wie Kumpan Electric in einer Stellungnahme mitteilt, wollte Piaggio die Fahrzeuge gleich direkt zu sich abtransportieren lassen. Anstatt lediglich ein Fahrzeug zur Prüfung sicherzustellen, wurden entgegen der üblichen Vorgehensweise gleich alle Kumpan-Roller auf Nachdruck von Piaggio mitgenommen. Die italienische Polizei hielt die Fahrzeuge in Beschlag, um die Angelegenheit zu prüfen. Für Kumpan war die Messe damit gelaufen.

Patentamt weist Piaggio-Antrag zurück
Piaggio hatte zeitgleich im November 2018 auch beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (kurz: EUIPO) einen Antrag auf Nichtigkeit des Geschmacksmusters von Kumpan Electric eingereicht. Piaggio war der Meinung, dass Kumpan-Roller "nicht neu" seien und keinerlei "Eigenart" hätten. Nach nun knapp zwei Jahren Prüfung und Beweisführung hat das EUIPO den Antrag von Piaggio vollumfänglich zurückgewiesen.

Dies bedeutet, dass der Schutz des Geschmacksmusters des Modells Kumpan 1954 Ri bestehen bleibt. Das Amt beruft sich unter anderem darauf, dass die Gestaltungsfreiheit bei dem Entwurf eines Motorrollers insgesamt beschränkt sei, da diese eben zwei Räder aufweisen müssten, eine Sitzbank, Lenker, Schutzschild und eine Abdeckung für den Motor. Kumpan betont, dass das Modell 1954 Ri jedoch über genügend Merkmale verfügt, die ihn von anderen Anbietern unterscheiden. Piaggio hatte dann 8 Wochen Zeit, um gegen die Rückweisung des Antrags Einspruch einzulegen, was der italienische Hersteller auch tat.
Weitere Beschwerde 2022 zurückgewiesen
Am 8. August 2022 wies nun aber auch die Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (kurz: EUIPO) die von Piaggio eingelegte Beschwerde in vollem Umfang zurück (Az. R 1663/2020-3). Philipp Tykesson, Geschäftsführer von Kumpan Electric: "Der jahrelange Rechtsstreit hat enorme Ressourcen gebunden und uns von einem der wichtigsten Roller-Märkte Europas – Italien – ferngehalten."
Die Entscheidung des EUIPO dürfte nicht nur Auswirkungen auf Kumpan haben: "Die Entscheidung des EUIPO macht deutlich, dass das Design eines klassischen Motorrollers nicht ausschließlich Piaggio vorbehalten ist. Kreative E-Scooter-Player können mit innovativen eigenen Entwürfen ebenfalls Wege in diesen wichtigen Zukunftsmarkt finden", sagt Patentanwalt Matthias Wagner von Wagner Albiger & Partner.
Kumpan Electric fertigt E-Roller verschiedener Klassen zu 100 Prozent in Remagen (Rheinland-Pfalz) und setzt dabei als einziger Hersteller in der 25-bis-100-km/h-Klasse (L3e) auch überwiegend auf Komponenten aus Deutschland. Im Juli 2022 kamen mehr als 85 Prozent der Bauteile von deutschen Zulieferern. Dadurch gelingt es Kumpan Electric, seine Position als Innovationsführer im E-Roller-Markt zu sichern. Die Zusammenarbeit mit überwiegend lokalen Lieferanten gewährleistet eine höhere Verfügbarkeit und kurze Wege bei der Umsetzung von Innovationen.