Motorradtour in der Steiermark Österreich

Mit dem Motorrad im Grünen Herz Österreichs
Motorradtour in der Steiermark Österreich

Veröffentlicht am 11.03.2024

MOTORRAD-Kollege Thorsten Dentges und ich merken schnell, dass die in den 1970ern erfundene Werbung mit dem "Grünen Herzen Österreichs" noch immer zutrifft, zumindest was die Farbe angeht. Hellgrün wie die Wiesen und Blätter, dunkelgrün wie die Nadelwälder und das Moos, braungrün die kargen Berge, blaugrün die Flüsse. Wie die Mur, die durchs danach benannte Murau fließt, das mit pastellfarbenen Häusern und engen Gassen fast schon italienisches Flair aufkommen lässt, mit seinen Brauhäusern und Gasthöfen aber doch bodenständig bleibt. Sogar eine Bier-Apotheke gibt es, sonntags leider geschlossen, doch die monotone Autobahn-Anreise ist nach gutem Abendessen auch ohne Hopfen-Medikation vergessen. Ein Blick in die digitale Landkarte genügt, um den kommenden Tag kurvenreich zu füllen.

Postkartenidylle und abwechslungsreiche Kurven

Erstes Ziel: der Sölkpass. Bevor es losgeht, werfen wir noch mal einen Blick ins Navi. Spontaner Rückweg über Hohentauern? Das sieht gut aus. Und alles davor und danach ergibt sich wie von selbst. Etwa die spannend aussehenden Straßen, die eine südliche Umfahrung des Sölkpasses ermöglichen und auf der Landkarte die untere Linie eines Fünfecks bilden. Mit Start in Schöder, der unteren linken Ecke des Pentagons, beginnen wir die Runde also gegen den Uhrzeigersinn.

Die Dörfer entlang der Strecke liefern Postkartenidylle, die Straße abwechslungsreiche Kurvenkombinationen. Selbst auf der breit ausgebauten Strecke nach Hohentauern ist heute nicht viel los. Bei einer Kaffeepause suchen wir nach Worten im Versuch, das bisher Gesehene zu charakterisieren. "Fast alpin" und "nicht herausgeputzt" sind dabei, morbider Charme hat hier genauso Platz wie die gängigen Alpenklischees mit Kuhweiden und Geranien an den Fenstern. Mir gefällt das, es macht die Steiermark sympathisch, sich dem wichtigen Tourismus nicht überall unterzuordnen.

Sölkpass mit spektakulären Kehren und Kurven

Womöglich ist das aber auch ein vorschnelles Urteil zweier Durchreisender. Zu diesem Bild passt jedenfalls der Sölkpass, dessen spektakulären Kehren und Kurven sich eigentlich auf wenige Kilometer beschränken. Trotzdem ist es eine Freude, den immerhin 1.788 Meter hohen Pass zu überqueren, denn hier fährt man weitgehend für sich entlang der Baumgrenze in eine karge, grün-graue Landschaft, abgesichert nur von schmalen Holzleitplanken. Kein Pass für die Top Ten, aber trotzdem ein kleiner Hit.

Auf dem Rückweg durch Judenburg präsentiert die Steiermark wieder eine erstklassige Auswahl für Schlechtwettertage: Stadtbefestigung, Sternenturm und Planetarium, Puch-Museum. Überhaupt kommen mir immer mehr Sachen in den Sinn, die in der Steiermark ihren Ursprung haben. Das Erzbergrodeo in Eisenerz, neben Puch auch der Automobilzulieferer Magna Steyr in Graz.

Und sogar Arnold Schwarzenegger hat hier seine Wurzeln, sein Geburtshaus in Thal ist längst ein Museum. Wohin also fahren, wenn es im Prinzip überall kurvig ist und es überall etwas zu sehen gibt? Um das Überangebot zumindest etwas einzugrenzen, fragen wir einfach unseren Zweirad-affinen Wirt und dessen Motorradkumpel. Empfehlungen haben sie für jede Himmelsrichtung. Hier ein "Klassiker", dort die Straße "suppa", die Kurven "eh herrlich". Wir sind schnell überzeugt, und statt einem Fünfeck schreiben wir morgen eine dahingekrakelte Acht in den GPS-Speicher des Navis. Das ist zumindest der Plan.

Gaberl – perfekt zum Warmfahren

Der Auftakt ist schon mal vielversprechend. Denn das Gaberl und die Straße zur Passhöhe sind perfekt zum Warmfahren, lädt nach dem Scheitel mit drei Kehren schon zu ordentlichen Schräglagen ein. Zumal wir das tolle Asphaltband wieder komplett für uns haben. So kann es weitergehen! Tut es auch, denn Bernd und Robert haben nicht zu viel versprochen, wenngleich das Höhenprofil unserer Vier-Berge-Tour zwischendurch auch Entspannung bietet. Ohne es zu merken, passieren wir beim Packsattel die Grenze zu Kärnten, schreiben so Teile der abwechslungsreichen, hin und wieder an den Schwarzwald erinnernden Landschaft versehentlich der Steiermark zu.

Egal, allein das Kurvenkarussell der Soboth-Passstraße rechtfertigt den Abstecher. Auch wenn uns das erst durch eine Pause am "Biker-Treff Kärntnerblick" bewusst wird und der versprochene Ausblick schon lange von Fichten verdeckt wird. Wie zum Trotz steht ein Teleskop mit Münzeinwurf in der Ecke parat. Wenige Meter später die nächste Kuriosität. Als wir die Grenze zur Steiermark passieren, wird das im Hochformat, in 25 Sprachen und fünf Alphabeten angekündigt. Kurz dahinter begrüßt uns wieder das "Grüne Herz Österreichs", aber, ganz bodenständig, nur auf Deutsch.

Weinanbau, Weinstraße, Weinebene

Nach dem weniger kurvigen, aber trotzdem genussvollen Swing ins Tal offenbart sich mit dem Weinanbau eine weitere Facette der bunten Steiermark. Zumindest streifen wir kurz die Weinstraße und fahren durch das Land des Schilchers, ein Roséwein aus der Blauen Wildbacherrebe. So ist es wohl auch kein Zufall, dass der letzte Pass unserer Tagestour schlicht und einfach "Weinebene" heißt. Die Windungen der Straße wären ein würdiger Abschluss, aber da wir noch genügend Zeit haben, lassen wir den letzten Strich der Acht weg und fahren trotz kurzer Schauer stattdessen noch einmal über das Gaberl zurück, wo die Nachmittagssonne noch kräftig genug ist, um die nasse Straße in Dampfschwaden zu hüllen.

Bei einem letzten Souvenir-Stopp im Zirbenshop zeigt uns der Inhaber noch einmal, was man alles aus den wohlduftenden Zapfen von Pinus cembra machen kann. In jedem Fall ist es eine weitere steirische Spezialität, die unser Reisetagebuch füllt. Kurven, Kultur und Kulinarik haben wir also mehrfach abgehakt, und doch finden wir mindestens hundert Gründe, um wiederzukommen. Und für ein paar Tage länger zu bleiben.