Super Moto-Maschine im Detail

Super Moto-Maschine im Detail
Wilde Ehe

Zuletzt aktualisiert am 19.04.2000

Tief hinter den Lenker geduckt donnert Thierry van den Bosch auf seiner Husqvarna die Zielgerade entlang. Kurz vor der ersten Kurve richtet sich der Franzose auf, greift in die Bremse und schaltet zwei Gänge runter. Schlagartig stellt sich die Husky quer, und der sich nur noch im Zeitlupentempo drehende Slick auf dem Hinterrad zeichnet einen schwarzen Bogen bis zum Kurvenscheitelpunkt. Super Moto-Fahrtechnik in Reinkultur.

Angefangen hat alles ganz banal. Ein Crosser oder eine Enduro, zwei Softenduro-Reifen auf die 21 beziehungsweise 19 Zoll großen Original-Räder gezogen, eine längere Übersetzung montiert – fertig war der Super Moto-Untersatz in den Anfangsjahren. Einfach, aber folgenreich. Für die so begehrten Driftwinkel besaßen die schmalen Reifchen einfach zu wenig Aufstandsfläche. Viele gebrochene Schlüsselbeine später erkannte die Szene: Kleiner und breiter hält besser.

17 Zoll gelten seitdem im Super Moto als das Maß der Dinge. Denn mit diesen Radgrößen steht den Jungs die weite Welt der Straßenrennsport-Reifen offen. Und - gewissermaßen als Nebeneffekt – schuf sich die Super Moto-Liga damit ihr ureigenes, unverkennbares Image: rustikale Moto Cross-Optik mit einem Touch Superbike. Klein, gedrungen, aggressiv. Manche sagen einfach: geil.

Für Amateur-Renner bleibt´s auch weitgehend bei diesen Umbauten: ein Satz 17-Zoll-Räder für etwa 2000 Mark, eine Bremsscheibe mit 320 Millimeter Durchmesser plus Adapter für die Original-Bremszange zum Preis von zirka 400 Mark, und fertig ist der Super Moto-Flitzer. Die Basis des Renners bleibt weitestgehend den eigenen Vorlieben oder Möglichkeiten überlassen. Wobei sich mittlerweile zwei Motorkonzepte als erfolgsträchtig herauskristallisiert haben: 500-cm³-Zweitakter von Honda und Kawasaki oder die Viertakt-Boliden mit etwa 600 cm³ Hubraum von KTM, Husaberg oder Husqvarna. Mit 60 PS Spitzenleistung reichen beide Varianten für Amateurligen.

Für höhere Weihen braucht´s etwas mehr technische Nachhilfe – wie etwa bei den von Husqvarna-Importeur Zupin Moto Sport für die drei Vertragsfahrer Thierry van den Bosch, Achim Trinkner und dem Belgier Eddy Seel aufgebauten Huskies.

Basis? Die Husqvarna TC 610 Moto Cross. Räder? Wie gesagt, 17 Zoll vorn und hinten. Reifen? Weil Super Moto-Renner erstens auf nicht ganz so schnellen Strecken und zweitens auf meist nicht ganz so griffigem Asphalt herumfahren wie Straßenfeger, werden vorn bei jedem Wetter 120er-Regenrennreifen montiert. Slicks würden einfach nicht ihre Betriebstemperatur erreichen. Hinten wird’s mit der Wahl des korrekten 160er-Reifens schwieriger. Regenreifen sind Standard bei nasser Piste. Bei trockenem Geläuf, je nach Schnelligkeit der Strecke und Rauheit des Asphalts, werden verschieden harte Slicks aufgezogen, in die - für mehr Grip im Offroad-Teil – Rillen geschnitten werden. Das Schema des Profils – geschnitten wird übrigens mit einem Gerät, das eigentlich für die Nachprofilierung von Lkw-Reifen gedacht ist - bleibt Geschmacks- und vor allem Glaubensfrage.

Thema Bremsen. In die 320 Millimeter große Bremsscheibe – im Super Moto ein Standardmaß – verbeißt sich bei der Husky ein mit Titanschrauben verschraubter Vierkolben-Bremssattel von Spiegler. Die Handpumpe mit 16-Millimeter-Kolben dazu liefert Magura. Hinten bleibt die Bremse übrigens bei allen Super Moto-Rennern serienmäßige Offroad-Ware.

Die supersensibel ansprechende Upside-down-Gabel von Öhlins (Preis: 4500 Mark) steckt in bei Zupin gefrästen Alubrücken, welche die Gabelholme auf fünf Millimeter größeren Abstand halten. Nur dadurch streift die im Vergleich zur Moto Cross-Bremsscheibe dickere Guss-Scheibe beim Einfedern nicht am Gabelstandrohr. Der Federweg der Gabel wird für weniger radikale Änderungen der Lenkgeometrie beim Bremsen von 300 auf 270 Millimeter reduziert. Ebenso wird der Öhlins-Monoshock zum Ausgleich der Fahrwerksgeometrie durch den Wechsel vom 21- zum 17-Zoll-Vorderrad ein Zentimeter Federweg gekappt.

Und weil 60 Pferde nun mal nicht für den DM-Titel reichen, gab´s auch für den Motor eine Frischzellenkur. Ein leichterer, höherer Kolben bringt eine höhere Verdichtung, ein 41er-Keihin-Flachschiebervergaser statt des Serien-Dellorto mehr Biss bei niedrigen Drehzahlen. Die Nockenwelle bleibt Standard. Fünf Millimeter dickere Auspuffkrümmer samt Endtopf vom belgischen Produzenten FP sorgen für freien Abgasfluss. Eine im Vergleich zur Serie 800 Gramm leichtere Kurbelwelle bringt die damit auf 70 angewachsene Pferdeschar über das von der Enduro entliehene Sechsganggetriebe schneller auf Trab.

Ein Aufwand, der für allerhöchste nationale Meriten dennoch nicht ausreicht. Mindestens vier, fünf PS wollen Zupins Tuner noch via polierte Kanäle und Detailarbeiten finden, um Meister Ott und Co. in die Schranken zu weisen. Für die anderen Super Moto-Freaks gilt: Ein Crosser, zwei kleine Räder, eine große Bremsscheibe - Driften muss nicht teuer sein.

Technische Daten

bike datenWassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile, erleichterte Kurbelwelle, Nasssumpfschmierung, Keihin-Flachschiebervergaser, 0 41 mm, Sechsgangetriebe,Bohrung x Hub 98 x 76,4 mmHubraum 576 cm³Verdichtungsverhältnis 12,5:1Nennleistung 70 PS bei 9400/minFahrwerkEinschleifenrahmen mit geteilten Unterzügen und angeschraubtem Alu-Heck, Öhlins-Upside-down-Vorderradgabel, 0 46 mm Gleitrohrdurchmesser, CNC-gefräste Gabelbrücken, Öhlins-Zentralfederbein mit Umlenkung, Spiegler-Scheibenbremse mit Vierkolbenbremszange vorn, 0 320 mm, Brembo-Scheibenbremse mit Einkolbenbremszange hinten, 0 240 mm, Gewicht, leer 122 kgPreis (nach Tuning und Umbauten) 28 000 Mark

Super Moto

ReglementSuper Moto-Strecken bestehen zu etwa 80 Prozent aus Asphalt, die restlichen 20 Prozent aus Schotter, Sand oder Erde. In Sachen Technik ist nahezu alles erlaubt, was gefällt. Daher starten sowohl Zwei- als auch Viertakter in einer gemeinsamen Wertung. Eine Klasseneinteilung wird nur nach Leistungsvermögen des Fahrers vorgenommen. Novizen starten in der Einsteiger-Klasse, erfahrene Piloten in der Open-Kategorie und die Krönung bildet die Prestige-Klasse, in der die besten 40 Super Moto-Piloten um den Titel des Internationalen Deutschen Meisters kämpfen. TermineSchaafheim Inter-DM 1. MaiOsnabrück 21. MaiGroßenhain EM 18. JuniHahn Inter-DM 2. JuliHarsewinkel Inter-DM 6. AugustOschersleben Inter-DM 12. AugustEisenach 27. AugustGründau EM 10. SeptemberMünchen Inter-DM 16. SeptemberZweibrücken Inter-DM 1. OktoberInfo-Flyer zur Saison 2000 mit allen Terminen, Landkarte etcetera können kostenlos bei MOTORRAD, Fax 0711/1821781 anfordert werden. Super Moto im Internet: www.supermoto.de.