Generationen-Vergleich: Kawasakis Sporttourer im Vergleich von 27 Jahren

Generationen-Vergleich
27 Jahren Kawasaki-Sporttourer: GPZ 900 R und Z 1000 SX

Zuletzt aktualisiert am 17.02.2011

Es war ein verrücktes Jahr, 1984. Der kalte Krieg tobte, die UdSSR stationierte in der DDR neue Nuklearraketen, der unselige US-Präsident Ronald Reagan kündigte in einer Mikrophonprobe an: "In fünf Minuten beginnt die Bombardierung Russlands". Internet gab‘s noch nicht, unsere Computer hießen Atari und Commodore C 64. Und die Kawasaki GPZ 900 R war genau zehn Jahre nach der Z 900 als "Frankensteins Tochter", mehr, viel mehr, als bloß ein neues Motorrad.

Ihre kantige, spitz nach vorn ausgezogene Halbschalenverkleidung im Stil der älteren luftgekühlten Schwestern GPZ 1100 und 750 Turbo sah aus wie die Unterlippe von Darth Vader in "Krieg der Sterne". Genau so wirkte die 900er auch, wie ein leibhaftiger Bote aus der Zukunft. Bestückt mit allem, was damals im Serienbau möglich war. Wasserkühlung - zum ersten Mal bei einem japanischen Reihenvierzylinder -, zusätzlich Ölkühler, 16 Ventile, Sechsganggetriebe, Kettenschacht auf der linken Motorseite. Dazu offen 115 PS aus gerade mal 908 Kubikzentimetern. Kawasaki hatte die Motorradwelt auf einen Schlag verändert, die hubraumstärkere Konkurrenz düpiert.

Dank echter 240 Kilometer pro Stunde "solo liegend" holte sich die GPZ das blaue Band fürs schnellste Serienmotorrad. So was fühlte sich damals noch anders an, als ein VW Golf GTI noch 180 kroch und ein Opel Kadett GSI mit Müh und Not die 200er-Schallmauer durchbrach. Da passte die Präsentation der GPZ auf der US-Rennstrecke Laguna Seca perfekt, mit gezeiteten Sprints über die Viertelmeile. Bilder von qualmenden Burnouts, von gequältem Gummi an der Startampel, gingen um die Welt. Auf einen Schlag hatten die erfolgreiche Honda CB 900 F Bol d‘Or von 1978 und die erst ein Jahr junge Yamaha XJ 900 F ihren sportlichen Nimbus verloren. Degradiert zu Sporttourern, überholt von etwas Neuem, Stärkerem, Sportlicherem. Opfer von Kawasakis erstem Ninja-Kämpfer.

Tom Cruise im US-Navy-B-Movie Top Gun machte die GPZ unsterblich. Ein Motorrad für die "Danger Zone", eine F14 für die Straße. Damit war man King. Doch bereits 1985 hoben noch radikalere Supersportler ab. Immerhin gilt die GPZ bis heute als sportlicher Generalist, als Metall gewordener Spagat zwischen schnell und komfortabel, selbst zu zweit. Und so trifft heute, ein Vierteljahrhunder nach Erscheinen, ein Exemplar von 1986/87 auf die Z 1000 SX, den jüngsten, aufregendsten Vertreter der Gattung Sporttourer. Ihre insektoide Verkleidung macht sie zur Design-Ikone der Neuzeit. Sie hat den gleichen bärenstarken 138-PS-Motor, der mit 1043 cm3 für die nackte Z 1000 entwickelt wurde.

Bilski

Welten trennen Z und GPZ beim bloßen Aufsitzen. Zierlicher wirkt die 900er, länger, schmaler. Über ihren lang gezogenen 22-Liter-Tank muss man sich ganz schön zu den engen, gefühlt im 45-Grad-Winkel runtergezogenen Lenkerstummeln strecken. Komplett anders die Sitzposition auf der kürzeren, gedrungenen Z. Im 21. Jahrhundert sitzt man viel näher an den breiteren, waagerechten Lenkerhälften. Aufrecht und dennoch viel vorderradorientierter. Prima. Beim direkten Umstieg wähnt man sich direkt über dem Lenkkopf, wenngleich man "nur" sieben Zentimeter weiter vorn hockt. Auf der Z umwölbt der haubenförmige Tank die Knie, hockt man viel besser ins Motorrad integriert. Gewusst wie.

Jeder Kaltstart sagt mehr als tausend Worte. Die Neue ist ein Kind des Elektronikzeitalters, Knöpfchen drücken, fertig. Den Rest erledigt die Einspritzung. Okay, die Leerlaufdrehzahl bleibt eine Weile recht hoch. Viel diffiziler aber ist es, den Choke für die vier 34er-Keihin-Gleichdruckvergaser der GPZ nachzuregulieren. Entweder dreht der Motor zu hoch oder er sprotzelt, nimmt kein Gas an und geht wieder aus. Auch bei warmem Motor sollte der GPZ-Pilot das Zusammenspiel von Kupplung, Gasgriff und Schaltfuß am etwas knochigen Getriebe bestens beherrschen. Denn die 900er fällt zunächst in ein kleines Leistungsloch. Ist das die Ruhe vor dem Sturm?

Erst bei 4000 Touren legt die GPZ los, bei 5500/min wird sie feurig. Emotional kickt‘s danach dann um so mehr. Holla, da geht was. Nur der Blick auf die voraus stürmende 1000er demoralisiert. "Ich bin dann mal weg", lautet ihr Motto. Einfach so, bei jedem klitzekleinen Dreh am Gasgriff. Es gibt wenige noch durchzugsstärkere Motorräder. Im sechsten Gang meistert sie jeden Zwischenspurt doppelt so schnell wie die GPZ. Ortsausgangsschild, Brause auf und in 3,2 Sekunden ist man von 60 auf 100. Wow, wie das von unten bis ganz oben anschiebt. Die Wucht in Tüten. Abgeschlagen hechelt die GPZ in 6,3 Sekunden hinterher, ist noch ein Sport-Motor vom alten Schlag - unten wenig, oben alles.

Selbst beim Ausdrehen der Gänge deklassiert der Sporttourer von heute den Sportler von einst. 15 Prozent mehr Hubraum und echte 26 Mehr-PS treffen auf 20 Kilogramm weniger Kampfgewicht: 258 Kilogramm stempeln die so drahtig wirkende GPZ zum Moppelchen. 238 Kilogramm wiegt die Z 1000 SX "Tourer", inklusive Trägersystem für ihre serienmäßigen 35-Liter-Koffer. All das ergibt eine andere Dimension des Vortriebs. Tränen der Rührung treibt einem diese pure Power in die Augen. Der Kraftprotz zieht alle Register. Doppelt ausgeführte 38er-Drosselklappen sollen die Strömungsverhältnisse und dadurch Füllung wie Ansprechverhalten beim Gasgeben optimieren.

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Offenbar mit Erfolg. Okay, die Lastwechselreaktionen der Z fallen geharnischter aus, ihr Motor springt aus dem Schiebebetrieb etwas härter ans Gas, als derjenige der GPZ. Da lassen sich die Vergaser viel weicher wieder ans Gas nehmen. Aber dafür zelebriert die Z die Macht und Herrlichkeit des Vierzylinders, des Antriebs, der Japan groß gemacht hat, wie kaum ein anderer. Auslassseitig helfen Interferenzrohre zwischen den Edelstahlkrümmern Nummer eins und vier sowie zwei und drei bei der Suche nach bulligem Drehmoment.

Gleiches gilt - neben Geräuschmessungs-Kriterien - für die Klappe im rechten der beiden kantigen Auspuffe. Deren insgesamt vier Mündungen machen schwer auf Vier-in-vier-Anlage. Klobig fällt der brotkastenförmige Vorschalldämpfer aus. Lambdasonde und geregelte katalytische Abgasreinigung nehmen viel mehr Rücksicht auf die Umwelt, als die fröhlich nach Kraftstoff müffelnde 900er. Dumpf säuselnd grummelt die Zett vor sich hin, sonor und dezent Kraft verheißend. Da klingt die GPZ blecherner, glockiger, heiserer aus der Vier-in-Zwo. Recht hoch ist ihre mechanische Geräuschkulisse. Klappersaki? Allerdings vibriert der neue Motor aufdringlicher, allem Bemühen der Ausgleichswelle zum Trotz.

Das Wort "Rückmeldung" kannten Motorrad-Fahrwerke 1984 kaum. So liegt die GPZ ein wenig schwer auf ihren träge ansprechenden Federelementen. Und das, obwohl Uni-Trak-Hinterradführung und luftunterstütze Gabel damals der letzte Schrei waren. Das ganze Fahrwerk wirkt teigiger, der Hintern hängt für einen Sportler hecklastig tief, und bei hohem Autobahntempo viel rührseliger als die bockstabile Z. Unsensibel poltert die GPZ-Gabel über buckligen Belag, federt schlecht. Wohl eine Folge des nahezu wirkungslosen hydraulischen Anti-dive-Systems. Es sollte durch Erhöhen der Dämpferdruckstufe das Einfedern durch die Schwerpunktverlagerung beim Bremsen mildern. Zurecht landete so etwas auf dem Schrottplatz der Geschichte.

Beim modernen, frontlastigen Fahrwerk spürt man stets eins zu eins, was einem da unter die Räder kommt. Feinfühlig spricht die voll einstellbare Upside-down-Gabel an, ist stabil wie komfortabel. Auch das gut zugängliche, weicher als bei der nackten Z abgestimmte Zentralfederbein vereint Komfort mit hohen Dämpfungs- und Federungsreserven, fischt richtig viel heraus.

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Fast die erfolgreiche Quadratur des Kreises: Heute fährt sich‘s straffer, sämiger und komfortabler! Zielgenau durchzoomt die Z Kurven jeglicher Radien. Toll. Ihr Rückgratrahmen aus Aluminium spielt in einer anderen Stabilitätsliga als das stählerne Pendant der 900er. Die Bridgestone BT 016 BB lassen die SX leichter in Schräglage fallen als die nackte Z. In Kurven muss man die 1000er mit ein wenig Nachdruck am Zügel auf Kurs halten. Auf pickligem Asphalt stellt sich die breite 190/50er-Heckwalze auf, reagiert empfindlich auf Wellen in Schräglage. Gilt erst recht beim Griff zur kräftigen Bremse.

In engen, flott gefahrenen Kurven driftet die Z im Zweifelsfall nach außen, die GPZ fällt eher noch weiter nach innen. Kein Wunder, bei choppermäßig flachem Lenkkopf und kleinem 16-Zöller vorn. Generell bleibt die GPZ in Schräglage gelassener und fällt trotz langen Radstands und schmalem Lenker auch noch leichter in selbige. Kunststück, ihr 130/80er-Hinterreifen ist kaum breiter als der vordere der Z 1000. Überraschung: Bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt haften die besten aller Diagonalreifen, Bridgestone BT 45, der GPZ besser als die Radialreifen von Schwester Z. Allerdings ist die 900er mit 18 Zoll hinten und 16 Zoll vorn von allen anderen modernen Reifenkonstruktionen abgeschnitten. Macht nur im Durchschnitt 17 Zoll...

Bei den Bremsen entstammen die beiden Kawas getrennten Galaxien. Wenn‘s mal richtig eng wird, wenn ein Autofahrer meint, doch noch rausziehen zu müssen, kann einem auf dem Youngtimer Angst und Bange werden. Man zieht und zieht am Hebel und es passiert - nichts. Hohe Handkraft trifft bei den Einkolben-Schwimmsätteln auf maue Verzögerung. Dagegen wirken radial verschraubte Vierkolbensättel der Z, als habe einem jemand ein Stöckchen in die Speichen gesteckt - sind aber deutlich besser dosierbar. Unbezahlbar auf feuchten Flecken ist das Sicherheits-Gefühl durch das serienmäßige ABS.

Das ist Fortschritt, der wirklich befreit. 11790 Mark kostete 1984 die GPZ, 6028 Euro. Vier Monate musste Otto Normalverdiener dafür rein rechnerisch arbeiten, er bekam im Jahr 17530 Euro brutto. Eine Z 1000 SX Tourer kostet mehr als das Doppelte als damals die GPZ, 13295 Euro. Nicht wenig, dafür muss man heute mit 30880 Euro Durchschnittslohn über fünf Monate ackern. Doch dafür ist der technische Fortschritt gewaltig. Die Z ist "mehrwertteuer". An Kraft spielt sie in einer eigenen Liga, Charakter hat sie wie die 900er reichlich.

Und Karma? Nun, die GPZ 900 R wurde, Ironie des Schicksals, im Gegensatz zu vielen ihrer designierten Nachfolger zum Kult-Bike, zur rollenden Legende. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, sich solch einen zeitlosen Klassiker in die Garage zu stellen. Oder doch das Sechs- bis Siebenfache für eine aktuelle, fabrikneue Z 1000 SX anlegen? Sie ist ja in fast jeder Hinsicht das bessere, das viel bessere Motorrad.

Fazit

Bilski

Hier treffen zwei Siegertypen von Kawasaki aufeinander. Beide haben reihenweise Vergleichstests gewonnen. Die GPZ ist Kult, begeistert noch heute mit Charme und Vielseitigkeit. Beschleunigen, federn, dämpfen, bremsen - objektiv kann die moderne Z 1000 SX praktisch alles besser. Welten liegen zwischen den Messwerten von 1984 und 2011. Mehr noch, als aktive Youngtimer-Fahrer vermuten würden. Zumal die neue 1000er ein verdammt großer Wurf ist. Auch an sie werden wir uns gern erinnern, im Jahr 2038.

Kawasaki GPZ 900 R

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Motor:
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Schlepphebel, Nasssumpfschmierung, Gleichdruckvergaser, Ø 34 mm, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 72,50 x 55,0 mm
Hubraum 908 cm³
Verdichtungsverhältnis 11:1
Nennleistung 84 kW (115 PS) bei 9500/min
Max. Drehmoment 86 Nm bei 8500/min

Fahrwerk:

Rückgratrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Telegabel, Ø 38 mm, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 280 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Alu-Gussräder 2,50 x 16; 3,00 x 18
Reifen 120/80 V 16; 130/80 V 18
Bereifung im Test Bridgestone BT 45

Maße und Gewichte:
Radstand 1495 mm, Lenkkopfwinkel 61,0 Grad, Nachlauf 114 mm, Federweg v/h 140/115 mm, Sitzhöhe* 790 mm, Gewicht vollgetankt* 258 kg, Zuladung* 172 kg, Tankinhalt 22,0 Liter.

Preis 1984: 11790 Mark (6028 Euro)

Kawasaki Z 1000 SX

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Motor:
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 38 mm, G-Kat, mech. betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 77,0 x 56,0 mm
Hubraum 1043 cm³
Verdichtungsverhältnis 11,8:1
Nennleistung 101,5 kW (138 PS) bei 9600/min
Max. Drehmoment 110 Nm bei 7800/min

Fahrwerk:
Rückgratrahmen aus Aluminium, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Ø 41 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Alu, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17
Bereifung im Test Bridgestone BT 016 BB

Maße und Gewichte:
Radstand 1440 mm, Lenkkopfwinkel 65,5 Grad, Nachlauf 102 mm, Federweg v/h 120/138 mm, Sitzhöhe* 820 mm, Gewicht vollgetankt* 238 kg, Zuladung* 187 kg, Tankinhalt 19,0 Liter.

Preis: 13295 Euro plus NK (Tourer-Version)

MOTORRAD-Messungen

Zeichnung: Archiv

Bei jeder Drehzahl leistet der füllige 1043-cm3-Motor zwischen zehn und 30 PS mehr als der Ahne mit 908 cm3. Die Z 1000 stemmt bei 3500 Touren bereits so viel Drehmoment (85 Newtonmeter), wie die GPZ maximal erreicht, bei hohen 8400/min. Zudem ist die Leistungskurve der 900er welliger, sie legt nach kleiner Anfahrschwäche erst ab 5500/min richtig los. Kein Wunder, dass die Z 1000 den Sportler von einst gnadenlos abledert: Sie ist im sechsten Gang so schnell von Tempo 60 auf 140, wie die GPZ von 60 auf 100!

Höchstgeschwindgkeit (Herstellerangabe):

Hersteller  Km/h
GPZ 900 R  241
Z 1000 SX  245


Beschleunigung:

Hersteller  0-100 km/h  0-140 km/h  0-200 km/h (sek)
GPZ 900 R  3,9  6,5  15,3
Z 1000 SX  3,3  5,0  9,6


Durchzug:

Hersteller  60-100 km/h
 100-140 km/h
 140-180 km/h (sek)
GPZ 900 R  6,3
 6,4
 7,53
Z 1000 SX  3,3
 3,2
 3,5

Modellgeschichte

Bilski

Ein Sportler von einst war noch "eine Maschine für alles". Doch seit Mitte der 80er-Jahre nimmt die Spezialisierung in Extreme immer weiter zu.

Die GPZ 900 R war 1984 ein ganz großer Wurf: sauschnell, superstark, bildschön. Eine Sportmaschine, ein Renn-Motorrad war sie indes nicht. Sie fiel von Anfang an durchs Raster aller Rennsportklassen und war mit 258 Kilogramm für Rundkurse zu schwer. Eine 500er-GP-Maschine wog nur die Hälfte. Trotzdem, die vielseitige GPZ besetzte erfolgreich eine Lücke in der Zeit, zwischen Vergangenheit und Neuzeit. Mit ihr konnte man sogar zu zweit in Urlaub stechen, über die Bahn brennen oder über die Nordschleife heizen. Doch bereits 1985 erschien die GSX-750 als erster echter Supersportler, so etwas hieß vor 25 Jahren noch "Hypersports". Von nun an wurden Sportmotorräder viel leichter und rasanter. Doch an Allround-Eigenschaften haben sie eingebüßt. Ironie der sich wiederholenden Geschichte, dass nun der famose Sportler GPZ 900 R zum Sporttourer (damals hieß es Touren-Sportler) reifte. Und wie. Bis 1993 war sie in Deutschland im Angebot, noch zehn Jahre länger  lief sie in Japan vom Band. Und verkaufte sich weltweit mehr als 60000-mal, davon 9100-mal in Deutschland. Eine famose Karriere. Dennoch werkelte Kawasaki früh an potenziellen Nachfolgern mit Vierzylindern, die mehr und mehr extrem wurden.

Touring und Supersport

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Den Auftakt machte 1986 die GPZ 1000 RX mit mehr Bohrung und Hub als die 900er: Offen 125 PS stark, damals galt in Deutschland noch 100-PS-Selbstbeschränkung, und dann fast 250 km/h schnell. Sie spendete auch den Vierzylinder für den Supertourer 1000 GTR, dort gezähmt durch andere Nockenwellen und kleinere Vergaser. Der GTR-Zentralrohrrahmen stammte noch von der 900er-GPZ ab.

Fern, schnell, gut huldigte 1988 die erste ZX-10, Kawasakis neues 137-PS-Flaggschiff, dem Spagat der Sporttourer-Ideale. Solch einen breiten Einsatzbereich vereinte seit 1990 eine komplett neue Baureihe, die ZZ-R 600 und 1100. Der 147 PS starke 1100er-Express hatte als erstes Motorrad einem Ram-Air-Lufteinlass zur Verbesserung der Füllung bei hoher Geschwindigkeit. Immens waren seine Fahrleistungen, Komfort und Gewicht (270 Kilogramm). Dagegen war die ZXR 750 1989 Kawasakis Antwort auf die kompromisslose Welt von GSX-R, CBR und FZR. "Staubsaugerschläuche" überm Tank und Endurance-artige Doppelscheinwerfern machten sie legendär. Heute fährt eine ZX-10R als legitimer Ahne 200 PS bei nur 200 Kilogramm Kampfgewicht auf. Eine rasante Renn-Replica für die Straße, mit enormer Strahlkraft, doch ohne großen Alltagsnutzen und Soziuskomfort. In diese Lücke stoßen die Sport-Tourer unter den Big Bikes vor.