Schön wär's: über 700 Kilometer elektrische Reichweite bei einem Motorrad, üppige 35 kWh Akku-Kapazität und dann sogar noch bis zu 200 km/h schnell. Das verzückt zunächst. Doch die Bilder zeigen: Das ist kein fahrtüchtiges Motorrad. Und die Erfahrung zeigt: Technisch ist das heute nicht denkbar. MOTORRAD rechnet nach und klärt auf.
Felo Tooz mit 35 kWh-Akku
Laut Medienberichten, die weltweit hohe Wellen schlagen, hat die Felo Tooz eine Batterie im Rahmen mit einer Kapazität von 35 kWh. 700 Volt Spannung und 50 Ah ergeben diese Kapazität – angeblich. Unabhängig von der Zelltechnik würde solch ein Akku im Idealfall 250 Kilogramm wiegen. Eine vergleichbare Größe von Elektropionier Nissan im aktuellen Pkw Leaf wiegt 300 Kilo bei 40 kWh. Eingebettet ist das Ganze hier in ein Konzept der Kategorie Honda Gold Wing, die mit 6-Zylinder-Boxer und DCT-Getriebe gute 400 Kilo wiegt. Sprich: Die Felo Tooz müsste noch viel mehr wiegen als eine Gold Wing. Also unter der Prämisse, Felo hätte nicht mal eben alle Batterieprobleme auf einmal gelöst und hätte das keinem gesagt. Nebenbei: Was da in Bangkok auf der Bühne stand, war bei genauer Betrachtung nicht fahrtüchtig.

Hier stehen circa 500 Elektro-Kilo auf der Bühne, jedenfalls rechnerisch.
700 Kilometer elektrische Reichweite
Die 2. große Zahl, die im Kontext Felo Tooz derzeit kursiert, ist die Reichweite. Felo gibt umgerechnet 720 Kilometer an. Runden wir das des einfachen Rechnens halber ab auf 700 Kilometer, dann käme der Koloss Tooz bei ungenannter Geschwindigkeit mit 5 kWh Kapazität 100 Kilometer weit. Das könnte ein kleiner Roller der 50er-Klasse in der Stadt vielleicht noch real packen. Ein Motorrad mit einer halben Tonne Gewicht wäre jedoch im urbanen Verkehr ein unpraktisches Trumm.
200 km/h elektrisch
Die 3. große Zahl zur Felo Tooz ist eine vermeintliche Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Theoretisch benötigt ein Motorrad dafür, unabhängig von Roll- und Windwiderstand, eine Motorleistung von gut 54 PS. Das ist heute kein Problem und sollte machbar sein. Aber: Es gibt einen Grund, weshalb die großen Fulldresser à la Gold Wing, Ultra Limited, Challenger und K 1600 GTL bei 200 km/h oder deutlich darunter abgeregelt sind: Der hohe und breite Gesamtaufbau begünstigt Hochgeschwindigkeitspendeln und macht anfällig für Seitenwind-Störeinflüsse.

Hier fließt kein Strom, was für ein funktionierendes Messe-Motorrad ungewöhnlich ist. Ebenfalls eher karg: die Schaltereinheiten.
50 Kilowatt Ladeleistung
Die einzige einigermaßen realistische Zahl im Kontext Felo Tooz ist die Ladeleistung. Von 0 auf 80 Prozent soll es am Schnelllader nur 20 Minuten dauern. Sprich um die 50 Kilowatt nimmt das System maximal auf. Mit Gleichstromtechnik – in diesem Fall CHAdeMO, deren Hauptgewicht in der Ladesäule liegt, ist das möglich. Aktuell laden die Topmodelle von Energica und LiveWire per CCS knapp über 20 Kilowatt, die Verge TS kann unter optimalen Bedingungen 50 Kilowatt laden.

50 Kilowatt Ladeleistung wäre per Gleichstrom möglich. Hier als CHAdeMO-System.