Der Erfolg des Niu NGT ist schnell erklärt: Unter der Handvoll tatsächlich erhältlicher E-Roller in der Leichtkraftradklasse über 45 km/h ist er Stand heute nach wie vor der günstigste. In der gleichen Karosse zu Hause wie sein langsamer Bruder aus der N-Serie, ist der ultrawendige und sehr kompakte Stadtflitzer ein echtes „Ja, aber“-Angebot. Ja, das Konzept passt, aber … Ja, der herausnehmbare Akku im Trittbrett ist eine feine Sache, aber der bei der schnelleren Version nötige zweite Akku belegt das Helmfach. Und der muss mit, denn mit einem Akku hat der NGT nicht etwa nur weniger Reichweite, er läuft dann auch nur noch 45 km/h.
Im Stadtverkehr stets mit Vollgas unterwegs
Ja, das fast lautlose Losstromern macht richtig Spaß, ist manchmal fast wie Schweben. Aber der Direktantrieb im Hinterrad leistet sich eine Gedenksekunde, bis er loszieht, muss im Stuttgarter Stadtverkehr stets mit Vollgas bewegt werden, um mitzukommen. Ja, er lädt beim Bremsen die Akkus auf, aber das geschieht recht digital, und natürlich wird dann der Vortrieb weggeschaltet – man kann also nicht gegen die Bremse fahren, etwa beim engen Wenden. Und eng wenden kann der Niu, keine Frage.

Ja, die Bremsen sind prima. Aber es gibt nur die Kombibremse CBS, die über den linken Hebel betätigt wird. Greift man vorn zu kräftig rein, blockiert das Vorderrad. Was im Schreck und bei Nässe schnell passieren kann, denn die Hafteigenschaften der taiwanesischen CST-Reifen sind recht bescheiden. In Kombination mit dem schlecht ansprechenden, völlig überdämpften Fahrwerk fährt man nasse, holperige Kurven besser sehr verhalten. Der 1,75 Meter große Testfahrer im Bild fand sich nach Querung von Straßenbahnschienen schon mal mit den Beinen am Beinschild wieder, auf der Sitzbank rutscht man mithilfe der Schläge ins Kreuz gnadenlos nach vorne.
Ja, der LED-Scheinwerfer sieht toll aus, aber ohne städtische Straßenlaternen bleibt es vor dem Roller ziemlich finster. Dafür blendet der große, bunte Bildschirm, der immerhin auch nach Regennächten keinerlei Beschlagneigung zeigt.
Langsame Fahrmodi nicht praxisgerecht
Im Stadtverkehr kamen wir mit vier Kilowattstunden für 100 Kilometer aus, stets in „Sport“ unterwegs. Nicht praxisgerecht: die langsameren Fahrmodi. Ein Prozent Akkuladung pro Kilometer geht durch, was die 95 Kilometer Reichweite plausibel macht. Ja, so wären Ausflüge ins Umland gut möglich, aber leider gibt es am Roller keinen Platz für das voluminöse Ladegerät, es müssten dann also Rucksack oder/und Topcase mit.
Technische Daten: Bosch-Radnabenmotor im Hinterrad, 3 kW (4,1 PS), Drehmoment 120 Nm, Batteriekapazität 2 x 35 Ah, Ladezeit ca. 2–5 Stunden, Reichweite 95 bis 170 Kilometer, 3 Fahrmodi E-Save 20 km/h, Dynamik 45 km/h, Sport 70 km/h; Scheibenbremsen vorn und hinten, Dual-Brems-System (CBS), Reifen vorn 90/90-12, hinten 120/ 70-12, Gewicht inklusive Batterien 110 kg (MOTORRAD-Messung), Sitzhöhe 740 mm, Höchstgeschwindigkeit 70 km/h, Preis 4.499 Euro