- 700er oder 750er?
- 14 Kilogramm leichter
- Ausstattung und Komfort
- Preis und Marktvergleich
- Fazit
Es ist fast schon krankhaft: Immer wenn in China bei Produktionsriese QJ Motor ein neues Mopped auf dem Hof steht, dreht die europäische Journalie durch und münzt jedes dieser Modelle direkt auf die hiesige Traditionsmarke Benelli. Korrekt: Benelli gehört zu QJ und die aktuellen Modelle sind technisch von QJ. Mit besseren Fahrwerken und mit einem Design aus Pesaro versehen. Daher liegt der Schluss nahe, dass jeder neue QJ-Motor in einer neuen Benelli zum Einsatz kommen wird. Bei der aktuellen SRT 700 mit einem wohl aufgebohrten 500er-Twin und schlanker Verkleidung ist das nicht anders. Als Nachfolgerin oder Schwester der bei uns seit einigen Jahren erhältlich TRK 502 wird sie hoch gehandelt. Optisch erinnert die SRT 700 stark an eine BMW F 750 GS in der Basisausstattung und steht damit im krassen Gegensatz zu der im März mit Benelli-geprägten Koffern entdeckten QJ 752-7, die eine TRK 752 abgeben kann und dem europäischen Trend nach viel Komfort bei wenig Offroad-Ambition im Enduro-Gewand sicher folgt. Unterstrichen wird die 700er von einer neuen Patentanmeldung in China. Doch: Ergibt es für einen kleinen Hersteller, besser Importeur wie Benelli in Europa Sinn mit solch einem Krad in den gesättigten Markt der 700er-Reiseenduros einzusteigen? Wir sehen uns das mal an und dürfen nicht vergessen: Europa ist ein kleiner Markt für Motorräder. Nicht alles wo Benelli draufsteht, ist für Europa gedacht.
700er oder 750er?
Mit diesen beiden potenziellen Benelli-Modellen bewegen wir uns in einem interessanten Spannungsfeld. Der große Twin mit 754 Kubik leistet gut 77 PS und soll – so der Mythos – noch auf dem alten Benelli-Triple basieren, der in den TNT-Modelle für sagenhaften Vortrieb sorgt. Sprich eine alte schwere Konstruktion. Der 700er-Twin ist in gerade aufgetauchten Homologationspapieren mit 693 Kubik und 75 PS angegeben und soll auf dem bekannten 500er-Twin basieren. Nicht wesentlich schwächer als der größere Twin und da es den 754er-Twin bereits im Naked Bike 752 gibt, ist der in in den Werkstätten ebenso bekannt wie der 500er-Twin. Hier steht es 1:1 für den 693er- und 754er-Twin als möglichen neuen Reisenduro-Antrieb bei Benelli.

14 Kilogramm leichter
Mit Blick auf die bekannten Gewichte der beiden potenziellen Reiseenduros verschieben sich die Punkte etwas: Die große Version wiegt ohne Koffersystem 236 Kilogramm, die neu aufgetauchte SRT 700 steht mit 222 Kilogramm in den Papieren. Und eben diese 14 Kilogramm Mindergewicht sind in diesem Segment ein Garant für bessere Fahrbarkeit, die für die kleine Variante sprechen. 2:1 für die 700er-Version.
Ausstattung und Komfort
Nun kommt das stattliche Mehrgewicht der 752-7 nicht allein vom größeren Motor. Insbesondere die größere Verkleidung mit der vermeintlich höherwertigen Ausstattung nebst TFT-Display, höhenverstellbarer Scheibe, USB-Ladebuchse, womöglich Tempomat und natürlich der große Tank mit 18,5 Liter Inhalt bringen einiges Gewicht auf die Waage. Eckdaten, die rein optisch nicht auf dem Blatt den SRT 700 stehen und beide Modelle im Segment trennt. 2:2 im Rennen wer die neue Benelli wird.

Preis und Marktvergleich
Welche QJ am Ende das Rennen als neue Benelli mit einen Hauch Offroad wird, hängt wohl auch von der aktuellen Marktsituation ab. Die erwähnte BMW F 750 als Einsteiger-GS steht da mit 9.500 Euro Basispreis an der Spitze, die soeben angekündigte Triumph Tiger Sport 660 wird knapp darunter liegen. Kawasakis Evergreen Versys 650 geht bei 8.300 Euro los, sehr vergleichbar ebenso die Honda NC 750 X für 8.300 Euro. Unter der 8.000er Marke finden sich die wirklich neuen Modelle, ebenfalls aus China. Die Voge 650 DS mit seligem Single und Premiumanspruch verlangt 6.800 Euro zum Besitzwechsel und die neue Moto Morini X-Cape steht mit 7.600 Euro im Laden. Um in diesem weiten Spiel zu punkten müsste sich eine größere Benelli-Enduro irgendwo zwischen der Moto Morini und der Kawasaki bewegen, als kleinere Variante mit 700 Kubik und der vermeintlich einfacheren Ausstattung mindestens aus Niveau der Voge. 1.500 Euro möglicher Preisunterschied könnten hier den Ausschlag geben. Doch obacht: Die aktuelle Benelli TRK 502 X mit den Speichenfelgen kostet knapp 6.500 Euro. Das könnte der großen, bereits mit Benelli stark in Verbindung stehenden QJ 752-7 den dritten Punkt geben und das Spiel 2:3 für die große Version drehen.
Fazit
Merke: Nicht alles was bei den chinesischen Riesen gebaut wird, muss zwangsläufig auf alte europäische Marken für einen kleinen Marktanteil gemünzt werden. Am Ende entscheidet nicht QJ ob es eine neue Benelli wird, sondern Benelli selbst, besser deren nationale Importeure. Das kann am Ende bedeuten, dass weder das eine noch das andere Reiseenduro-Modell von QJ als Benelli den Weg nach Europa oder Deutschland findet, sondern in Südamerika, womöglich unter einer anderen Marke zum Kassenschlager wird. Oder: Es einfach nur eine QJ Motor für den heimischen Markt bleibt. Orakel, Orakel. Wir werden es sehen.