Seit 2002 gilt EU-weit für Kleinkrafträder, wozu Mokicks, Mopeds und Roller bis 50 Kubik zählen, aber auch Elektro-Zweiräder bis 4 Kilowatt Leistung, eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von maximal 45 km/h. Die zuvor in Deutschland gültige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h wurde damit der Europäisierung geopfert. Das sorgte von Anfang an für Kritik, gerade aus Motorradfahrerkreisen.
Wichtigstes Argument gegen das neue Limit: 45 km/h macht Mopedfahren gefährlicher. Denn mit 45 km/h ist es nicht mehr möglich, im mindestens 50 km/h und mehr fahrenden Stadtverkehr mitzuschwimmen. 50er-Fahrer werden also nicht nur zu Verkehrshindernissen, die die Autos ungewollt ausbremsen. Sie sind zusätzlich noch der nicht unerheblichen Gefahr ausgesetzt, permanent überholt und dabei geschnitten zu werden.
Über 50.000 Unterschriften kamen zusammen
Seit Jahresbeginn 2023 lief die Online-Petition. Die erforderlichen 50.000 Stimmen wurden mit 52.155 Unterschriften noch übertroffen. Die Stimmen wurden gesammelt, um folgenden Antrag im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einzureichen: "Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Kleinkrafträder mit bis zu 50 ccm Hubraum bzw. bei E-Scooter bis zu einer maximalen Dauernennleistung von 4 KW (6 PS), die mit dem im Führerschein der Klasse B integrierten Führerschein der Klasse AM geführt werden dürfen, von 45 km/h auf 60 km/h anzuheben."
Ablehnung des Petitionsantrags im Juli 2025
Der Petitionsausschuss verweist zur Ablehnung des Anliegens im Wesentlichen auf folgendes Argument: Die Fahrerlaubnisklassen sind durch die 3. EU-Führerscheinrichtlinie harmonisiert. Eine nationale Abweichung, also etwa eine Änderung der Höchstgeschwindigkeit in der Klasse AM, sei daher nicht möglich. Deshalb sehe man keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Gegenargumente zur Entscheidung des Petitionsausschusses
Die SIP Scootershop GmbH entgegenet auf die Entscheidung des Petitionsausschusses, dass die EU-Führerscheinrichtlinie keine absolute Höchstgeschwindigkeit für Klasse AM definiere: Die 3. EU-Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) legt für die Klasse AM keine verbindliche Obergrenze von 45 km/h fest, sondern überlässt den Mitgliedstaaten Spielräume. In Artikel 4 Absatz 2 (h) heißt es: "Krafträder mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, \[...]". Die Richtlinie verbietet es aber nicht, dass einzelne Mitgliedstaaten national alternative Regelungen erlassen, wie z. B. eine differenzierte Behandlung alter Fahrzeuge oder Übergangsregelungen.
Sicherheitstechnisch wären 60 km/h sinnvoll
Die aktuelle 45-km/h-Grenze führt im fließenden Verkehr zu erheblichen Geschwindigkeitsdifferenzen, insbesondere auf Landstraßen und innerstädtischen Hauptstraßen. Diese Differenz ist eine Hauptursache für gefährliche Überholmanöver und gefährdet Rollerfahrer unnötig. Fahrzeuge mit 60 km/h könnten sich besser im Verkehr integrieren, ohne gleich unter die nächste Fahrerlaubnisklasse zu fallen. Eine Anhebung auf 60 km/h wäre ohne EU-Verstoß machbar – mit nationaler AM+ Regelung.
Die SIP Scootershop GmbH schlägt folgende Lösung vor: Einführung einer zusätzlichen nationalen Fahrerlaubnisvariante wie "AM+", analog zu bestehenden Sonderregelungen wie dem Mofa-Führerschein (§6 FeV Absatz 1 Nummer 4).
Beispiel:
- AM = max. 45 km/h wie bisher (europaweit gültig)
- AM+ = national gültig, für 50-ccm-Roller mit bis zu 60 km/h, Erwerb z. B. mit 16 Jahren
Dadurch wäre sowohl die EU-Konformität als auch die Verkehrsrealität abgebildet – ohne Eingriff in die harmonisierten Führerscheinklassen, so die Meinung der Petitions-Initiatoren.

Ralf Jodl (links) vom SIP Scootershop GmbH mit dem Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich (CSU).
Beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht
Initiator der Petition war der SIP Scootershop aus dem bayerischen Landsberg am Lech. Das Team SIP Scootershop vermeldete am 18. Juli 2023: "Wir sind aktuell auf der Suche nach einem Mandatsträger für eine öffentliche Übergabe der Unterschriften. Wir werden euch hier auf dem Laufenden halten! Im Anschluss werden wir die Unterschriften technisch an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zur Beratung einreichen."