Aus den Augen, aus dem Sinn. Seit gut 10 Jahren gibt es keine neuen Boss Hoss mehr in Europa. Euro 4 mitsamt ABS-Pflicht dürfte der Hauptgrund gewesen sein, Kleinserie hin oder her. Doch in den USA ist die Kult-Marke immer noch aktiv. Und wie: Neue Modelle, neue Motoren und neue Konzepte kamen seit dem Eignerwechsel 2016 auf den US-Markt. Spoiler: Der kleinste Motor hat 6.200 Kubikzentimeter. Großartig!
Boss Hoss 2025 – immer noch aktiv
1990 gründete Monte Warne die Firma mit dem V8 im Logo. Zunächst als Boss Hog, was in einen Rechtsstreit mit der Harley-Owners-Group führte, die das H.O.G. für sich reklamierten. Als Boss Hoss startete die Firma dann durch. Zunächst mit "kleinen" V8-Motoren von Chevy mit 350 cubic inch oder gut 5,7 Liter. Später wuchsen die Hubräume in Spezialversionen auf über 10 Liter Hubraum und fast 800 PS.
2025 stehen 4 Motorräder zur Wahl, dazu 6 Trikes. Letztere mit Heck-Anleihen von großen amerikanischen Autos. Alle mit deutlich über 400 PS, und es ist sogar ein "Super Sport Bike" dabei. Die Preise in den USA starten um die 75.000 Dollar.
Boss Hoss Classic Cruiser
Die Boss Hoss Classic Cruiser stellt den Einstieg in die großvolumige Welt von Boss Hoss dar. Ein nackter Cruiser à la Harley-Davidson Street Bob oder Indian Chief. Sie stellt ebenso die Basis aller weiteren 2-Rad-Versionen dar. Mit knapp über 2 Meter Radstand bei nur 70 Zentimeter Sitzhöhe messen die Reifen vorn 120/70-21 und hinten 300/35-18.
3 Motoren stehen zur Wahl: Der LS3-Motor – bekannt aus dem Camaro – ist die amerikanische Allzweckwaffe für alle möglichen Umbauten und hat meist 6,2 Liter Hubraum. Oder eben die zöllige Angabe von 376 ci. Der sehr sportliche, moderne Small Block leistet in der Boss Hoss 445 PS und 605 Nm.
Gut 100 Kubik und 10 Nm mehr, dafür 15 PS weniger bietet der 383 Stroker Motor. Was das ist, folgt gleich. Und wer die 7 als seine Glückszahl nennt, der bekommt 7,4 Liter Hubraum in der 454er-Version der Boss Hoss. Und nicht nur das, sondern auch 563 PS und 741 Nm.
Alle 3 Small-Block-Motoren – ja, auch der 454er – haben eine 2-Gang-Halbautomatik mit Rückwärtsgang und wahlweise feste Koffer am Heck.

Boss Hoss Classic Cruiser mit bis zu 7,4 Liter Hubraum.
Boss Hoss Super Sport Bike
Nun dürfen wir das Super Sport in der Boss Hoss nicht allzu wörtlich nehmen. Im Grunde ist die Super Sport ein Classic Cruiser mit einem anderen Heck, niedrigerem Sitz (minus 1,3 cm) und kürzerem Radstand (minus 7,6 cm). Im Kontext einer Boss Hoss die wohl reduzierteste Variante, einen V8 zwischen 2 Räder zu packen.
Die Motorenauswahl entspricht der Classic, also 6,2 Liter oder 6,3 Liter oder 7,4 Liter Hubraum. Absolutes Topmodell von Boss Hoss ist derzeit die Limited Super Sport Big Block. Sie unterscheidet sich vom normalen Super Sport Bike durch den nochmal größeren Motor: ein Big Block mit 8,1 Liter Hubraum, 600 PS und 772 Nm Drehmoment.

Boss Hoss Super Sport Bike. Hier als Limited Big Block mit 8,1 Liter Hubraum.
Boss Hoss Classic Bagger
Von fast allem mehr bietet der Classic Bagger von Boss Hoss: mehr Verkleidung mit Teilen von Arlen Ness, mehr Vorderrad in 180er-Breite, mehr Länge von fast 3 Meter und Sitzhöhe von 71 Zentimeter. Lediglich die Auswahl an Motoren verkleinert Boss Hoss beim Bagger: Den LS3-Motor mit 6,2 Liter Hubraum gibt es hier nicht, es bleiben der 383 Stroker und der 454 Small Block zur Wahl.

Boss Hoss Classic Bagger mit bis zu 7,4 Liter Hubraum.
Boss Hoss Trike
Mittels eines komplett neuen Chassis bietet Boss Hoss seit 2018 ein eigenes Trike an. Natürlich mit V8 und viel Potenzial, sein Traumauto auf 3 Räder zu stellen – oder ein Motorrad wie ein altes Auto aussehen zu lassen, denn die Hecks der Versionen Chevy, SS Truck und Coupe sind berühmten Vorbildern nachempfunden.
Das Chevy Trike erinnert an die berühmten Bel Air-Modelle der 1950er-Jahre, das Coupe an das Chevy Coupe der 1940er und das Heck des SS-Truck an die namensgebende Pick-Up-Baureihe von Chevrolet. Trotz mehr Rädern gibt es die Trikes nur mit dem LS3-Motor und 6.200 Kubik sowie 445 PS.
Ganz neu ist das Dragon LS3 Bike mit 485 PS und 4-Gang-Automatik.

Boss Hoss Dragon LS3 Trike mit 6,2 Liter Hubraum und 485 PS.
Was ist eigentlich ein Stroker-Motor?
Der 383 Stroker in den aktuellen Boss Hoss hat in der US-Auto-Szene eine lange Tradition, gerade bei den Small-Block-Modellen von Chevy. Basis eines 383 ist der berühmte 350er-Motor der W-Serie mit 5,7 Liter Hubraum. In den 1970er-Jahren gab es kurze Zeit einen 400er-Small-Block, der der Legende nach thermisch anfällig war. Von diesen Motoren nahmen findige Tuner die Kurbelwelle, passten die Lagerzapfen an den 350er-Block an, und mit zahlreichen kleineren Änderungen wurden so schnell und günstig 6,3 Liter Hubraum.
Auch heute noch ein Weg, um in kleinere Autos viel Hubraum zu packen. Allerdings kann man heute die 383er-Motoren direkt bei General Motors bestellen.
Unterschiede zwischen Small Block und Big Block
Bleibt die Frage: Small Block oder Big Block? Im Grunde hat das nichts mit dem Hubraum zu tun, siehe 454er Small Block der Boss Hoss, den es mit exakt gleichem Zylindervolumen auch als Big Block gibt.
Den Unterschied machen die Kurbelgehäuse. Da gibt es eben große und kleine Bauweisen, je nach Fahrzeug, in das die Motoren eingebaut werden sollen. Ganz grob: Misst die Zylinderbohrung über 100 Millimeter, ist es meist ein Big Block, da dann noch genug Material zwischen den Bohrungen liegt.
Wobei es auch Big Blocks gibt, die weniger Hubraum haben als ein großer Small Block. Alles etwas unübersichtlich. Unterm Strich: Um die Länge des Antriebs noch irgendwie im Zaum zu halten, setzt Boss Hoss eben in den meisten Modellen Small Blocks ein. Auch im Jahr 2025.