Electric Ladyland: Klassik-Umbau zum Elektro-Motorrad

Electric Ladyland Minsk DKW Elektro Umbau
Klassiker unter Strom nach fast 70 Jahren

Veröffentlicht am 06.08.2023

Hier ist einiges zusammengekommen, was eigentlich gar nicht zusammengehört. Und trotzdem sieht es gut aus. Erstaunlich gut sogar. Dementsprechend stolz und mindestens augenzwinkernd präsentiert der Kölner Kabarettist Jürgen Becker seine Electric Ladyland.

Elektromotorrad benannt nach dem Album von Jimi Hendrix

Electric Ladyland, so heißt das seit Ende der 1960er-Jahre weltbekannte und hochgeschätzte Album von Gitarrenlegende Jimi Hendrix. Den Bezug zu seinem Motorrad leitet Jürgen Becker von elektrischen Gitarren auf den elektrischen Antrieb über. Denn auch der Rock’n’Roll wurde einst unter Strom gesetzt, was die Musik maßgeblich und nachhaltig beeinflusste. Parallelen zur aktuellen Entwicklung bei Kraftfahrzeugen kann man durchaus erkennen, wenn man so will.

Oldtimer-Umbau mit rund 14 PS starkem Elektro-Motor

Anstelle des ursprünglich vorhandenen Zweitakt-Einzylinder-Motors wurde hier ein Elektromotor eingebaut. Oder besser: angebaut, rechts am Hinterrad, mit kurzem Endantrieb per Kette. Von Revolt, Typ RV 120, circa 4 Kilogramm schwer beziehungsweise leicht. Denn sein elektrisches Leistungspotenzial reicht von 5 kW (rund 7 PS) Dauer-Nennleistung bis zu 10 kW (rund 14 PS) Spitzenleistung.

Dazu serviert die E-Maschine bauartbedingt üppiges Drehmoment direkt aus dem Stand. Auf bis zu circa 100 km/h Höchstgeschwindigkeit müsste somit beschleunigt werden können.

Klassiker-Basis Minsk M1A beziehungsweise DKW RT 125

Als Basis für das Electric Ladyland-Projekt hatte Jürgen Becker eine Minsk M1A, Jahrgang 1955, ausgewählt. Dabei handelte es sich um eine zuerst russische, später weißrussische Kopie der DKW RT 125, beruhend auf Reparationsleistungen Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Dieses Exemplar war nach dem Ende der DDR von der Roten Armee zurückgelassen worden und gelangte über einige Umwege zu Jürgen Becker nach Köln.

Fahrwerk und Patina original

Ohnehin nicht mehr benötigt wurde in diesem Fall der zweitaktende Antrieb. Fahrwerk und Karosserie der annähernd 70 Jahre alten Minsk M1A wurden mitsamt Telegabel, starrem Heck und gefedertem Solo-Sattel sowie Trommelbremsen an den schmalen 19-Zoll-Drahtspeichenrädern weitgehend original belassen. Lediglich mehr oder weniger frischgemacht, ohne die Patina der bewegten Jahrzehnte wegzupolieren.

Von den einst großzügigen Schutzblechen ist kaum noch etwas übrig. Dafür formte Metallbaukünstler Norbert Büsch eine gleichermaßen solide wie elegante Verkleidung um den elektrischen Antrieb herum.

Akku als klassische Elektrik inszeniert

Darüber platzierten Jürgen Becker und sein Team schwerpunktgünstig das Akku-Pack, bestehend aus Lithium-Ionen-Zellen mit 45 Ah Gesamtkapazität. Das Batteriegehäuse aus Metall, mit Kühlrippen rundum und Isolatoren obendrauf erinnert einerseits an klassische Elektrik, andererseits an klassische Motorräder mit 4 hintereinander angeordneten, luftgekühlten Zylindern. Nach vorn verlegt wurden die Fußrasten samt Fußbremshebel, einen Schalthebel gibt es hier nicht.

Steckverbindung von einer Fender Stratocaster

Moderne Kontrastmittel sind der bläulich beleuchtete Tacho von Daytona und die oben am ehemaligen Benzintank eingebaute Batterieanzeige. Innen im Tank befindet sich nun die Elektronik fürs Laden und Entladen der Akkuzellen. Eines der zahlreichen originellen Details ist die von einer E-Gitarre – Fender Stratocaster – übernommene Steckverbindung zwischen Steuer-Elektronik und Akku-Pack.

Electric Ladyland für die Augen statt für die Ohren

An Sound hat die Electric Ladyland indes kaum mehr als leises Surren zu bieten. Dennoch könnte sie so manche konservative Motorradfahrer, die elektrische Konzepte bisher rigoros ablehnen, ins Grübeln bringen. Allerdings: Zu praxisrelevanten Aspekten wie Gewicht, Reichweite oder Ladedauer liegen keine Angaben vor. Und kaufen kann man dieses Unikat sowieso nicht.