Die Aufregung um Supersportler im Mittelgewicht steigt seit dem Erscheinen der Aprilia RS 660 wieder grenzenlos. Besonders nachdem Yamaha mit der R6 den letzten Vierzylinder-Mittelklassesportler aus dem regulären Programm gestrichen hat. Eine neue Supersportler-Generation mit 600 bis 700 Kubik aus zwei Zylindern wird erwartet. Gewicht um die 180 Kilogramm fahrfertig, Leistung um die 100 PS, Preis: bezahlbar. Yamaha stand da mit seinem Erfolgsmodell MT-07 quasi seit Erscheinen 2014 in einer unausgesprochenen Pflicht und liefert mit der neuen R7 zwar, bleibt in Sachen Leistung eher defensiv. Wie man mit 700 Kubik trotzdem stark auf der Strecke punkten kann und was von den Herstellern zeitnah kommen könnte, klären wir in der Folge.
Privatmann mit sechs Jahren Vorsprung
Andy Palmer aus Kalifornien hat gegenüber Yamaha gut sechs Jahre Vorsprung. Schon mit Erscheinen der in den USA FZ-07 getauften MT-07 im Jahr 2014 beginnt der Rennfahrer sich eine leichtgewichtige Rennsemmel aus der Yamaha zu bauen. Erfahrung hat er damit bereits, hält er doch einige Rennrekorde auf Umbauten der Suzuki SV 650.

Das Beste: Er bietet seinen Umbaukit zum Verkauf an oder auch gleich komplett umgebaute Yamahas. Das Kit besteht aus einer Vollverkleidung, angelehnt an die MotoGP-Racer für 950 Dollar, dazu benötigt wird noch Haltekit für 299 Dollar. Optional gibt es auch einen Umbau mit einer R6-Gabel und entsprechend radial-befestigten Bremssätteln(siehe Bilder). Wem das zu teuer wird, kann die originale Gabel mit Cartridge-Kits neu aufbauen. Dazu braucht es den Weg über großen Teich nicht, solche Teile sind auch in Deutschland verfügbar. Ein Schmankerl ist eine eigens für Andy von Yoyodyne entwickelte Anti-Hopping-Kupplung für 850 Dollar.
Sieger in der German Twin Trophy
Exakt diese Kupplung nutzt auch Richard Platzer in seinen umgebauten MTR-07, die er erfolgreich in der German Twin Trophy einsetzt: Platz 1,3 und 7 waren es 2020 in der Meisterschaft. Richard verbaut bei seinen MT-07-Umbauten Gabel und Bremse der R6, Cartridges von K-Tech werten die Gabel auf. Die passenden Gabelbrücken baut er selbst. Während Yamaha im Heck der R7 ein konventionelles Federbein mit einstellbarer Vorspannung und Zugstufe nutzt, setzt Richard auf ein voll einstellbares Federbein von K-Tech, dass mit einer selbst konstruierten Umlenkung verschraubt ist. Neben der von Andy entwickelten Anti-Hopping-Kupplung nutzt Richard auch dessen Verkleidungskit und kann eine Yamaha an die Startlinie schieben, die mit 10 Litern Sprit im Tank ungefähr 160 Kilo wiegt. Genaue Werte nennt der Ingenieur nicht, ebenso keine Leistungsangaben. Er gibt nur zwei Hinweise auf seine Tuningmaßnahmen. Zum einen ist die Konfiguration der Serie mit der fast waagrecht verbauten Einspritzung in Sachen Gasfluss nicht optimal, grundsätzlich kann der Motor aber deutlich mehr Leistung dauerhaft vertragen, als Yamaha ihn derzeit drücken lässt. Zum Anderen: Richard sieht der neuen RS 660 und deren Leistung mit 100 PS ruhig entgegen.

Marktcheck
Yamaha rennt mit der neuen R7 auf MT-07-Basis offene Türen ein. Honda zeigt mit der CBR 650 R und der 500er wie kleine Supersportler mit nackten Ablegern am Markt funktionieren können. Aprilia meldet mit der RS 660 Anspruch auf diesen Thron an, unterstützt von der neuen Tuono 660.

Kawasaki hat ein entsprechendes Modell bereits am Laufen, die Ninja 650 trägt mit ihren aktuell 68 PS in Sachen Leistung aber die rote Laterne. Triumph könnte mit dem 660er-Motor ebenfalls angreifen. Der Modellname Daytona ist weiterhin stark. Ob BMW den F-Motor entsprechend anpassen möchte ist fraglich, wäre als Unterbau der S 1000 RR aber sinnvoll. Supersport-Ikonen-Produzent Ducati sollte man nicht vergessen. Dass da unterhalb der Supersport 950 und Panigale V2 noch ein kleineres Wetzgerät kommt, ist aber zu bezweifeln. Ein Wanderfalken-Küken mit halbem Hayabusa-Motor wäre ein interessanter Schachzug von Suzuki. Hier stünde aber auch das Zweizylinder-Turbokonzept noch bereit. KTM hat die potenten Twins der Neuzeit quasi erfunden. Eine KTM 790 RC oder KTM 890 RC wäre logisch. Wie so ein Modell aussehen könnte, hat Krämer Motorcycles für die Rennstrecke bereits vorexerziert.
